Von der Ökonomisierung der Kultur zur Produktion der Widerspiegelung. Anmerkungen zum Begriff der Kulturindustrie

von Richard Schwarz

I.

"Da es keine "unschuldige" Lektüre gibt, wollen wir klären,
welcher Lektüre wir uns zuvor "schuldig" gemacht haben."
LOUIS ALTHUSSER (1972, 12)

Wieviele Eingänge gibt es in das Kulturindustrie-Theorem von Max Horkheimer und Theodor W. Adorno? Eine solche Frage mag denjenigen, die heutzutage eine Art Interpretationsmonopol auf Kritische Theorie beanspruchen und die vor allem Adorno unter das subsumieren, was sie selbst "Fetischkritik" nennen, überraschend, wenn nicht gar irrelevant erscheinen: ist es denn nicht evident, daß das Kulturindustrie-Theorem einzig und allein die Auflösung von Kultur in Zivilisation zum Gegenstand hat, oder, um es in einer marxistischeren Sprache auszudrücken, die endgültige Herrschaft der Warenform über die Kultur und damit deren Zerstörung? Und ist es deshalb nicht weiterhin evident, daß, wie vor allem der Fetischismusaufsatz von Adorno und der Über Jazz zeigen, dieses Theorem in ideengeschichtlicher Hinsicht nichts anderes darstellt als den massenkulturkritischen Anhang zum Verdinglichungskapitel in Geschichte und Klassenbewußtsein und somit das deutsche Gegenstück zur Gesellschaft des Spektakels von Guy Debord1? Genau diese Evidenzen sind es aber, die zuallererst in Frage zu stellen sind, wenn die Aktualität oder Nicht-Aktualität der Massenkulturkritik von Horkheimer und Adorno angemessen beurteilt werden soll. Sie werden nämlich bei näherer Betrachtung durch eine Kette von Reduktionen und Ausschließungen erkauft, die das ursprüngliche Gesamtprojekt Kritischer Theorie bis zur Unkenntlichkeit entstellen und die, nebenbei bemerkt, jeder dogmatischen Schließung eigentümlich sind: Kanonisierung einer ursprünglich experimentellen und unabgeschlossenen Theorie - bzw. Teiltheorie - zum überzeitlich gültigen Wahrheitsprogramm, Verneinung der Möglichkeit theorieinterner Brüche zugunsten der Fixierung eines einheitlichen Sinns durch eine Interpretationsmethode, nach der das Spätere im Keim immer-schon im Früheren enthalten und nur durch dieses zu verstehen sei, und schließlich und endlich die Ausblendung derjenigen Theoriekomponenten, die einfach nicht ins Schema passen wollen - wie die vernunftkritischen und ideologietheoretischen Komponenten Kritischer Theorie, deren Irrelevanz für das Kulturindustrie-Theorem offensichtlich einfach vorausgesetzt wird. Diese kanonische Verzerrung Kritischer Theorie hat sich allerdings insofern erfolgreich durchgesetzt, als selbst explizite Kritiken der Fetischkritik wie u. a. Diederichsen (1998) deren theoretische Konstrukte für eine korrekte Wiedergabe der Themen und Intentionen Kritischer Theorie halten. Und dies wiederum ist eigentlich kein Wunder: die zeitgenössische Fetischkritik ist nämlich, wie radikal gesellschaftskritisch sie sich auch immer gebärden mag, selber nur die dogmatische Erbin und Vollenderin einer tief in den Alltagsdiskurs hineinwirkenden und vom common sense für die Sache selbst gehaltenen Populärfassung Kritischer Theorie, die, seit den 70er Jahren pädagogisch und politisch in der schulischen ästhetischen Erziehung und in den linksliberalen Medien ausbuchstabiert, mit Adorno den Untergang der Hochkultur, die nivellierenden und zerstörerischen Auswirkungen moderner industrieller Massenkultur (angelsächsische Popmusik, das Fernsehen, das Internet) und die falschen Bedürfnisse der Massen beklagt, im Gegensatz zu Adorno aber nicht mehr von Herrschaft und Ausbeutung reden will (Eingang A: Kritische Theorie als Veranstaltung der Neuen Mitte).
Jenseits dieser Reduktionen und Fixierungen ermöglicht es die Berufung auf seinen ursprünglichen - von den Urhebern explizit eingeräumten - Status als work in progress und "Theorieexperiment"2 indes, das Kulturindustrie-Theorem als ein Rhizom aufzufassen, in das eine Vielzahl von Einstiegen möglich ist, von denen keiner einen Vorrang vor dem anderen besitzt, und wo nach der Wahl eines bestimmten Eingangs nur darauf geachtet werden muß, "wohin er uns führt, über welche Verzweigungen und durch welche Gänge wir von einem Punkt zum nächsten gelangen, wie die Karte des Rhizoms aussieht und wie sie sich ändert, sobald man anderswo einsteigt" (Deleuze/Guattari 1976, 7). So sei zum Beispiel als eine erste Lockerungsübung, die helfen soll, die Versteinerung zu überwinden, in der die Texte des Kulturindustrie-Theorems durch die oben beschriebene Kanonisierung gefangen sind, vorgeschlagen, diese mitsamt der ganzen Dialektik der Aufklärung als ein worst case-Szenario im Stile der Dystopien eines Aldous Huxley (Brave New World, 1932), Ray Bradbury (Fahrenheit 451, 1953) oder Philip K. Dick (Flow My Tears, The Policeman Said, 1974) zu lesen: als einen Science Fiction-Roman (Eingang B), der uns von einer künftigen Welt berichtet, in der monopolistische Konzerne wie Verbrecherbanden und Verbrecherbanden wie monopolistische Konzerne organisiert sind; in der übermächtige Manipulations- und Disziplinarapparate massenhaften Konformismus erzeugen und dadurch die Ohnmacht der Massen; in der populäre Kultur in Reklame umschlägt und Reklame in Propaganda; und in der schließlich die Liebe zwischen dem Helden und der Heldin ohne Zukunft ist, weil die Individuen ein rational kalkulierendes Verhältnis zum eigenen Geschlecht entwickelt haben. Und wie jede einigermaßen ernstzunehmende Science Fiction sich nicht in der mehr oder weniger intuitiven Ahnung des technisch und sozial Kommenden erschöpft, sondern gleichzeitig immer auch eine Kritik zeitgenössischer Denk- und Verhaltensweisen darstellt, so werden auch im Kulturindustrie-Theorem die zeitgenössischen Parteigänger und Gegner populärer Massenkultur hemmungslos karikiert. Seltsame Figuren treten auf die Bühne, denen allen samt und sonders etwas Reaktives anhaftet: die von oben her organisierten Radioamateure (DA, 130); die Enthusiasten, "die Begeisterungsbriefe an Radiostationen und Kapellen schreiben und auf wohlgelenkten Jazztagungen ihre eigene Begeisterung vorführen", deren Tanzen aber kein sinnlicher Ausdruck ist, sondern die Imitation der Gesten Sinnlicher (Adorno 1938, 36); der Hörexperte, "der jede band zu identifizieren vermag und sich in die Geschichte des Jazz versenkt, als handle es sich um die Heilsgeschichte" (Adorno 1938, 38); die Bildungsfreunde, die "die vorkapitalistische Vergangenheit als organische verklären" (DA, 135); sowie die Provinziellen, "die gegen Kino und Radio zur ewigen Schönheit und zur Liebhaberbühne greifen" und die "politisch schon dort [sind], wo die Massenkultur die Ihren erst hintreibt" (DA, 156). Auch kennt Kritische Theorie genauso wie die Science Fiction das Mittel der kalkulierten Übertreibung, um auf die möglichen Folgen gegebener Tendenzen hinweisen zu können: extrapolative Thesen, die, wenn sie naiv als Beschreibungen eines Ist-Zustandes gelesen werden, wie Auswüchse einer kritizistischen Überspanntheit wirken - so wie die in den Oxforder Nachträgen zum Jazzaufsatz erhobene These, daß Jazz und Pogrom zusammengehörten (Adorno 1937, 101), oder die in DA, 134 zu findende Vorwegnahme des Simulationstheorems von Jean Baudrillard, der auch ein großer Science Fiction-Autor ist.
Ein weiterer Einstieg in das Kulturindustrie-Theorem ist von philosophiegeschichtlichen Rekonstruktionen Kritischer Theorie schon längst beschritten worden. Er besteht darin, das Kulturindustrie-Theorem nicht einfach isoliert vom Gesamtprojekt Kritischer Theorie zu rezipieren, wie dies bisherige Interpretationen beständig getan haben, sondern es im Gegenteil als einen integralen Bestandteil des Programms einer "Kritik der instrumentellen Vernunft" zu verstehen (Eingang C). So stellt für Rolf Wiggershaus die Kulturindustrie insofern die Vollendung des okzidentalen Rationalisierungsprozesses dar, als sie diejenige gesellschaftliche Instanz ist, die noch die letzten Fluchtlinien aus einer durch Entzauberung und Naturbeherrschung geprägten Welt zu besetzen vermag, indem sie selbst die Träume und die Wünsche der Menschen dem Realitätsprinzip unterwirft (Wiggershaus 1986, 376). Und Jürgen Habermas betrachtet das Kulturindustrie-Theorem nur als eine bloße Variation einer der ganzen Dialektik der Aufklärung zugrundeliegenden vernunftkritischen Argumentationsfigur:

"Die Argumentation folgt also in Ansehung der Wissenschaft, der Moral und der Kunst derselben Figur: bereits die Trennung der kulturellen Bereiche, der Zerfall der in Religion und Metaphysik noch verkörperten substantiellen Vernunft, entmächtigt die isolierten, ihres Zusammenhalts beraubten Vernunftmomente so sehr, daß diese zur Rationalität im Dienste wildgewordener Selbsterhaltung regredieren. Vernunft wird in der kulturellen Moderne endgültig ihres Geltungsanspruchs entkleidet und an schiere Macht assimiliert." (Habermas 1986, 136f.)

Unter dem Diktat der Zweckrationalität kippen für Horkheimer und Adorno nicht nur die Wissenschaft in Positivismus und die universalistische Moral in die universelle Selbstbehauptung der Individuen um, sondern auch die autonome Kunst in kulturindustrielle Produktion. Von dieser Regression der Kunst handelt, Habermas zufolge, das Kulturindustrie-Theorem: "Mit ihrer Analyse der Massenkultur wollen Horkheimer und Adorno [...] nachweisen, daß die mit Unterhaltung fusionierte Kunst in ihrer innovativen Kraft gelähmt, von allen kritischen und utopischen Gehalten entleert werde." (Habermas 1986, 136) Diese Analyse stelle also nur eine Verschärfung der früheren Kritik an der affirmativen Kultur dar.
Zu kritisieren ist an dieser Rekonstruktion noch nicht einmal so sehr, daß der Umstand, daß Habermas diese Zerfallsgeschichte der Vernunft bekanntlich für Unsinn hält - für ein Schauermärchen, das heutzutage keinen Erwachsenen mehr zu schrecken vermag -, die Art und Weise seiner Darstellung dieser Geschichte nachhaltig prägt. Viel folgenreicher jedoch ist die durch das Verfahren der philosophieimmanenten Systematisierung erzeugte Einengung Kritischer Theorie auf eine Geschichte zweckrationaler Naturbeherrschung, die, ohne es zu wollen, jene theoretischen und realgeschichtlichen Kontexte ausblendet, in denen diese Erzählung entstanden ist und in die sie interveniert hat. Dieser Kontext wird auch nicht dadurch implizit präsent, indem man mehr oder weniger verschämt auf Karl Marx als den großen Inspirator dieses Typs von Vernunftkritik verweist. Denn es genügt nicht, sich als Maßstab der Beurteilung eine Marxsche Theorie in ihrer vermeintlichen Reinheit zurechtzukonstruieren und sich dann zu fragen, inwieweit die Dialektik der Aufklärung eine Überbietung oder einen Bruch mit diesem Modell darstellt3; man muß sich auf den Boden des real existiert habenden Marxismus und seiner Krisen stellen, um sehen zu können, auf welche Weise Kritische Theorie im allgemeinen und das Kulturindustrie-Theorem im besonderen Produkt und Antwort auf eine dieser Krisen gewesen ist (Eingang D): auf jene Krise in den 20er und 30er Jahren des letzten Jahrhunderts angesichts der Erfahrung des europäischen Faschismus und der Niederlagen der Arbeiterbewegung. Die Antwort auf diese Krise hat dabei nicht, wie allgemein kolportiert wird, darin bestanden, daß Horkheimer und Adorno spätestens seit 1933 von der Arbeiterbewegung "enttäuscht" gewesen seien und jedes Vertrauen in die progressive Dynamik der Klassenkämpfe verloren hätten, ansonsten aber mehr oder weniger traditionelle Marxisten geblieben seien (und dies ab 1947 durch Änderungen in der Terminologie verschleiert hätten) - wie die philosophiegeschichtliche Rekonstruktion ja schon hinlänglich beweist. Die Antwort bestand vielmehr in einer Serie von aufeinanderfolgenden Brüchen mit praktisch allen gegebenen Varianten des Marxismus: Bruch mit der Analyse des Faschismus als besonders reaktionärer Form der bürgerlichen Herrschaft (III. Internationale); Bruch mit der marxisierenden Kritik des Warenfetischs (Lukács und Benjamin); Bruch mit dem Marxismus anderer Institutsmitglieder (Neumann und Kirchheimer); und schließlich sogar Bruch mit der marxistischen Terminologie selber4. Innerhalb dieses durch diese Brüche überhaupt erst möglich gemachten Analyseprogramms der ökonomischen, ideologischen und politischen Ursprünge und Elemente faschistischer Herrschaft, das mit der Dialektik der Aufklärung seine endgültige Ausprägung erhielt, besitzt das Kulturindustrie-Theorem eine vorwiegend ideologietheoretische Funktion. "Kulturindustrie" ist dabei eine Chiffre für die folgenden Befunde: (a) daß faschistische Herrschaft fähig sei, die ideologische Reproduktion der Gesellschaft zentral von oben her zu organisieren; (b) daß die Instanz, über die diese Reproduktion organisiert wird, nicht mehr einer der traditionellen "Überbauten" wie Philosophie, Moral, Religion oder Kunst sei, sondern der Apparat der Massenkultur; und (c) daß das Ideologische an der faschistischen Ideologie - als der zu sich selbst gekommenen instrumentellen Vernunft - nicht mehr so sehr an spezifischen Inhalten festgemacht werden könne, sondern an dem, was von Horkheimer als die "gleichsam biologische Präformation für das von oben gelenkte Kollektiv" (Horkheimer 1942, 56) und was in der VII. Antisemitismusthese der Dialektik der Aufklärung 1947 als "Ticketdenken" bezeichnet worden ist. Mit anderen Worten stellt das Kulturindustrie-Theorem für die Analyse der faschistischen Herrschaft das dar, was Louis Althusser eine "Theorie der spezifischen Wirksamkeit der Überbauten" (Althusser 1968, 82) genannt haben würde.
Das Paradox des Kulturindustrie-Theorems besteht aber nun darin, daß es diese spezifische Wirksamkeit des massenkulturellen Apparates vorrangig am Beispiel der Massenkultur demokratischer Gesellschaften vordemonstriert hat. Hier stoßen wir wieder auf das, was oben als sein Science Fiction-Charakter bezeichnet wurde: der unausweichliche Umschlag von populärer Massenkultur in faschistische Propaganda wird in ihm in extrapolativer Weise einfach nur behauptet. Die Analogie zwischen der Entwicklung von Hugenberg zum Dritten Reich auf der einen Seite und der der amerikanischen Kulturindustrie zu einer amerikanischen Form des Faschismus auf der anderen Seite besitzt indes einen Schönheitsfehler: es ist eine anzuerkennende Leistung der amerikanischen Gesellschaft, daß sie trotz aller unbestreitbar in ihr existiert habenden faschistischen Tendenzen bis heute eine demokratische geblieben ist. Dieses Plausibilitätsdefizit ist wohl der Grund dafür, daß im Mainstream der Rezeptionen von diesem faschismustheoretischen Bezug des Kulturindustrie-Theorems einfach nicht mehr geredet wird. Ein ähnliches Defizit scheint aber auch der vernunftkritischen Einbettung dieses Theorems im Sinne des Eingangs C eigen zu sein. Und in der Tat zeigt die Verbindung zwischen Jazz und Existentialismus in den 50er Jahren genauso wie in den späten 70ern die Verbindung zwischen Punk und dem Patchwork der Minderheiten, daß - zumindest, was die europäischen Gesellschaften betrifft - die "kritischen Gehalte" und manchmal auch die utopischen lange Zeit ausgerechnet von der populären Kultur ausgedrückt wurden - wenn auch vorrangig als "Lebensgefühl" und nicht als explizit "politische" Botschaft.
Da es in diesem Beitrag vorrangig um die Frage geht, ob das Kulturindustrie-Theorem für die Analyse heutiger demokratischer Massenkultur noch irgendeinen Wert besitzt, wird im folgenden die vernunftkritische und faschismustheoretische Metaerzählung ebenso eingeklammert wie die sie in der Massenkulturkritik der 70er Jahre ersetzende noch größere Erzählung von dem Vormarsch der Ware in allen menschlichen Verhältnissen. Oder anders gesagt: diese Metaerzählung wird hier nur noch als eine epistemologische Tatsache begriffen, die in der begrifflichen Rekonstruktion des Kulturindustrie-Theorems zwar eine Rolle spielt, deren Anwendung zumindest auf heutige massenkulturelle Phänomene aber aus obigen Gründen nicht mehr als plausibel erscheint. Für die begriffliche Rekonstruktion wurde dabei die Gesamtheit der Texte des Kulturindustrie-Theorems5 einer doppelten Lektüre unterworfen: auf einer ersten Leseebene einer "analytisch" zu nennenden Lektüre, die der einfachen Rekonstruktion der Begriffsarchitektur(en) des Kulturindustrie-Theorems diente; auf einer zweiten Leseebene einer Lektüre, die mit Althusser "symptomatisch" genannt werden kann (Eingang E):

"Die zweite Art der Lektüre [...] ist eine Lektüre, die wir nicht ohne Bedenken "symptomatisch" nennen wollen; "symptomatisch" in dem Maße, wie sie in einem einzigen Prozeß das Verborgene in dem gelesenen Text enthüllt und es auf einen anderen Text bezieht, der - in notwendiger Abwesenheit - in dem ersten Text präsent ist. Und genau wie die erste, so setzt auch die zweite Lektüre zwar das Vorhandensein zweier Texte und das Messen des ersten an dem zweiten voraus; der Unterschied zwischen der alten und der neuen Lektüre besteht aber darin, daß sich bei der neuen Lektüre der zweite Text aus den Lücken des ersten herausbildet." (Althusser 1972, 32)

Im französischen Original heißt es im letzten Teilsatz genauer: "le second texte s'articule sur les lapsus du premier" (Althusser et al. 1996, 23). Mit lapsus sind hier nicht etwa, wie die Etymologie des Wortes nahelegt, einfache Versehen oder Nachlässigkeiten eines Autors gemeint, die Lücken in seinem Text erzeugen, welche durch eine analytische Lektüre ohne Gefährdung seiner internen Struktur einfach "gefüllt" werden könnten, sondern das in einer gegebenen Theorie strukturell produzierte Abwesende oder, mit einem anderen Wort, ihr "Nicht-Gewußtes", das wiederum dasjenige ist,

"was sie nicht begreifen und lösen kann. Das Nicht-Gewußte ist genau das, was sie an Brüchigem in sich trägt, und zwar unter dem Anschein des am meisten "Evidenten": ein Schweigen im Zusammenhang ihres Diskurses, gewisse begriffliche Abwesenheiten, blinde Flecken im strengen Zusammenhang ihrer Argumentation, kurz, alles, was einem aufmerksamen Hinhören bei aller Fülle "hohl klingt"." (Althusser 1972, 35)

Eine solche Lektüreweise besitzt den methodischen Vorteil, daß mit ihr nicht nur die blinden Flecken einer gegebenen Theorie identifiziert werden können, indem untersucht wird, was sie aufgrund ihrer begrifflichen Organisation nicht zu denken vermag, sondern daß, weit folgenreicher, mit ihr auch eine mögliche Veränderung innerhalb dieser Theorie mit dem krisenhaften Einbruch eines von ihr Nicht-Gewußten in ihre Struktur erklärt werden kann. Dabei muß diese Veränderung keinen vollständigen epistemologischen Bruch bedeuten; viel häufiger geschieht es, daß eine Theorie nur teilweise reorganisiert wird und sie durch eine fragile Koexistenz zwischen alten und neuen Begriffen bestimmt wird. In diesem Beitrag sollen drei das Kulturindustrie-Theorem betreffende Verschiebungen diskutiert werden, die auf Zugzwängen beruhen, die der Einbruch eines jeweils Nicht-Gewußten in die Theorie erzeugt: Erstens die Ablösung einer hauptsächlich in Begriffen der Ökonomisierung der Kultur operierenden Analyse, mit der die in der Auseinandersetzung mit dem Faschismus immer unübersehbarer werdenden disziplinären und ideologischen Dimensionen moderner Kulturproduktion nicht mehr adäquat begriffen werden konnten, durch eine nunmehr hauptsächlich in Begriffen von Ideologieproduktion und Manipulation argumentierenden. Als Konsequenz dieser Verschiebung verlor die für die erste Analyse zentrale Kategorie des Fetischcharakters der Ware ihre Erklärungskraft, was zu einer fast vollständigen Ersetzung dieser Kategorie durch den Begriff der "Kulturindustrie" führte (Abschnitte II und III). Zweitens die offensichtlich unter dem Eindruck des Fernsehens und anderer Massenmedien erfolgte unmerkliche Verallgemeinerung des Kulturindustrie-Theorems von einer Kritik populärer Massenkultur (nebst Architektur und Industriedesign) hin zu einer Kritik der Massenkommunikation, die in der Dialektik der Aufklärung zwar schon vor allem in der Analyse des Radios und der faschistischen Propaganda angelegt war, in der Nachkriegszeit aber zum dominanten Thema in der Ideologietheorie der Frankfurter Schule wurde, auch wenn der obligatorische Verweis auf die "Kulturwaren" dort nicht fehlen durfte. Da die Massenmedien in den 50ern und Anfang der 60er Jahre als die Quelle des Ticketdenkens und damit als Gefährdung demokratischer Verhältnisse ausgewiesen wurden, stellte sich auch hier ein Plausibilitätsdefizit ein, das darin bestand, daß selbst in der bundesrepublikanischen Gesellschaft eine Refaschisierung der Verhältnisse nicht stattfand. Dieses Problem wird zumindest von Adorno (1966, 100; 1973b, 10f.) so "gelöst", daß er die These einer Wirksamkeit massenmedialer ideologischer Anrufung schlicht und einfach aufgibt (Abschnitt IV). Drittens besteht das bis zum Schluß Ungedachte in den auf dem Terrain der Kulturindustrie ausgetragenen Kämpfen - von der Gründung der amerikanischen Broadcast Music Inc. (BMI) im Jahre 1941 (die den Einzug von Blues-, Folk- und Countrymusik in die amerikanischen Rundfunkprogramme ermöglichte) über die Auseinandersetzungen um den Rock'n'Roll in den 50ern bis zu den Strategien des Punk in den späten 70er Jahren (Abschnitt V). Will eine Theorie populärer Kultur diese Kämpfe ernstnehmen, so steht sie unter dem Zugzwang, über das Kulturindustrie-Theorem in seiner gegebenen Form hinauszugehen.

II.

"[T]he difference between popular and serious music can
be grasped in more precise terms than those referring to
musical levels such as "lowbrow and highbrow", "simple
and complex", "naive and sophisticated". [...]
Standardization and non-standardization are the key
contrasting terms for the difference."
THEODOR W. ADORNO und GEORGE SIMPSON (1941, 70f.)

Von ihrer ersten systematischen Annäherung an das neuartige Phänomen einer industriell produzierten Massenkultur in Adornos Jazzaufsatz von 1936/37 bis hin zur Ästhetischen Theorie steht Kritische Theorie, wenn sie dieses Phänomen in ökonomischen Begriffen zu erklären versucht, unter dem Bann des zu ihrer Zeit vorherrschenden kapitalistischen Produktionsparadigmas. Die jeweiligen Einzelanalysen stellen in dieser Hinsicht nur bloße Variationen einer einzigen These dar: daß die Produktionsweise von Kulturgütern sich der fordistischen Massenproduktion nahezu restlos angeglichen habe. Nach Marco Revelli (1997, 2-10) ist diese durch folgende Prinzipien bestimmt gewesen: 1. Unbegrenztheit der Märkte; 2. bürokratische Planbarkeit dieser Märkte und damit bis zu einem gewissen Grade auch der Bedürfnisse; 3. kontinuierliche Produktstandardisierung zur Senkung der Produktionskosten. Von diesen Voraussetzungen her sind nicht nur eingängige Schlagwörter der Kritischen Theorie wie z. B. das von der "verwalteten Welt" oder das von den "falschen Bedürfnissen" zu verstehen, sondern auch die Kritik an allen Formen populärer Kultur mit "durchsichtigen industriellen Ursprüngen" (Adorno 1933, 796) wie beispielsweise dem offiziellen Jazz oder, schlimmer noch, dem Detektivroman,

"mit dem der Jazz gemein hat, daß er eine strenge Stereotypik unerbittlich durchhält und zugleich alles daransetzt, sie durch individualisierende Züge vergessen zu lassen, die selber wieder ausschließend durch die Stereotypik determiniert sind." (Adorno 1937, 77)

Diese ästhetische Kritik an den standardisierten Produkten industrieller Massenkultur wird dabei konstant von einem Rekurs auf ihren Warencharakter begleitet, der diese Kritik gleichzeitig stützt und verdoppelt. Innerhalb dieser Kritikstrategie stellen die frühen Aufsätze Adornos von 1936/37 und 1938 insofern eine erste, provisorische Phase dar, als sich Adorno vor allem im Jazzaufsatz noch darauf beschränkt, eine schlichte Analogie zwischen massenkultureller Produktion und der Produktion anderer Waren herzustellen, die er hier noch als eine durch die "planlose" freie Konkurrenz von Einzelproduzenten bestimmte begreift:

"Die moderne Archaik des Jazz ist nichts anderes als sein Warencharakter. Die urtümlichen Züge an ihm sind die warenhaften: die starre, gleichsam zeitlose Unbewegtheit in der Bewegung, die maskenhafte Stereotypie, das Ineins von wilder Erregtheit als dem Schein des Dynamischen und Unerbittlichkeit der Instanz, die über solche Erregtheit herrscht. Vor allem aber das Gesetz, das eines des Marktes so gut ist wie eines der Mythen: er muß gleichzeitig stets dasselbe sein und stets das Neue vortäuschen." (Adorno 1937, 84)

Wie die Produktion von Waschmitteln und Autos, so ist auch die Produktion der "Kulturwaren" für Adorno dadurch charakterisiert, daß sie ein Immergleiches in stets neuen Verpackungen zu verkaufen sucht. Der Markterfolg eines beliebigen massenkulturellen Produkts beruht für ihn daher nicht auf irgendeiner ihm innewohnenden ästhetischen Qualität, sondern ist Ausdruck der anarchischen Zufälligkeit des Marktes: "Welcher Schlager Erfolg haben wird und welcher nicht, das läßt mit apodiktischer Gewißheit so wenig sich voraussagen wie das Schicksal eines Wertpapieres." (Adorno 1937, 81) Massenkulturelle Produktion stellt also in der ersten Phase der Ausbildung des Kulturindustrie-Theorems nichts anderes dar als einen Sonderfall konkurrenzkapitalistischer Warenproduktion, ihrer Vermarktungsstrategien und der darauf antwortenden Irrationalität der Konsumenten.6
Daß diese Argumentationslinie bei Anhängern und Gegnern Kritischer Theorie als der Kerngedanke des Kulturindustrie-Theorems gilt, ist von einer heutigen Sicht aus als der wohl folgenreichste Effekt der Adorno-Rezeption des Eingangs A anzusehen. Dies umso mehr, als selbst der Rekurs Adornos auf den Warencharakter massenkultureller Produkte in dieser Rezeption nicht unverzerrt wiedergegeben wurde. Charakteristisch für die kritische Massenkulturkritik der 70er Jahre war nämlich der Kurzschluß der in der Adornoschen Kritikstrategie noch getrennt gehaltenen und sich nicht einfach nur gegenseitig bestätigenden Pole der ästhetischen Kritik und der ökonomischen Herleitung massenkultureller Produktion, der zu einer Art Generalverdacht gegenüber allen Erscheinungen populärer Kultur führte: von der Warenförmigkeit massenkultureller Produktion schloß die Kritik generell auf die Trivialität der populären Genres und gleichzeitig von der Trivialität auf ihre Popularität, die wiederum auf die Irrationalität und die "falschen Bedürfnisse" der Massen zurückgeführt wurde.7 Dieser Spielzug erlaubte und erlaubt teilweise immer noch einem weiterhin auf die europäische Hochkultur fixierten "kritischen" Wissenschaftsbetrieb, jegliche Evolution in diesen Genres apodiktisch zu verneinen, ohne sich groß auf den kritisierten Gegenstand einlassen zu müssen. Vom Jazz der 30er und 40er Jahre bis hin zum Post-Punk der 80er Jahre, von der Science Fiction der Pulps bis hin zu den Werken von J. G. Ballard und William Gibson, von Agatha Christie bis hin zu Minette Walters, von den Funnies der Tageszeitungen bis hin zu den Comics von Lewis Trondheim: überall erblickt der kritische Kritiker ohne Unterschied stets dieselbe "gänzliche Unterwerfung der Werkgehalte unter Profitinteressen [...], wobei zugleich die kritischen Potenzen der Werke geschwunden sind zugunsten einer Einübung von Konsumattitüden (bis hinein in die intimsten zwischenmenschlichen Beziehungen)" (Bürger 1974, 39).
Diese Beurteilung populärer Kultur ist, wie sehr sie sich auch auf Horkheimer und Adorno als ihren Meisterdenkern berufen mag, in ihren dogmatischen und pseudo-empirischen Verfahren8 himmelweit verschieden von deren eigener Vorgehensweise, die Erfahrungen zu verarbeiten sucht, die weit über die bloße Lektüre von Klavierauszügen populärer Schlager hinausgehen, die die vordergründige Argumentationsgrundlage der Aufsätze von 1936/37 und 1938 bildete.9 Horkheimer und Adorno müssen sich in ihrer Analyse nämlich auch mit der Existenz eines Feldes populärer Kultur jenseits der industriellen Kulturproduktion auseinandersetzen, das sich nicht bloß in der, wie es in der Dialektik der Aufklärung etwas eigenartig heißt, "Exzentrizität von Zirkus, Panoptikum und Bordell zur Gesellschaft" (DA, 144) erschöpft, sondern einen, wenn auch immer nur kurzfristigen Widerstandspol gegen die genormte Massenkultur bildet, wie Adorno anhand des Jazz beschreibt:

"Soweit es echte Entwicklungstendenzen im Jazz gibt, hängen sie eben mit der Konzentrations- und Standardisierungsbewegung, und dem Willen, ihr sich zu entziehen, zusammen. Jazz, ursprünglich ein soziales Randphänomen, das vom Lumpenproletariat herkam, ist vom Betrieb der communication industry mehr und mehr geglättet, seiner bescheiden chokierenden Züge entäußert und vollkommen aufgesaugt worden. [...] Swing war zunächst eine von den besten Kapellen ausgehende Gegenbewegung gegen die Standardisierung und Glättung zugunsten kühneren und spontaneren Musizierens, wurde aber sogleich vom Betrieb ergriffen." (Adorno 1950, 72)

Das populare Feld ist genauso wie die traditionelle Hochkultur das Manipulationsobjekt einer aus sich selbst heraus nichts erzeugen könnenden Massenkultur, die aus einer artifiziellen Synthese beider Felder besteht: "Alle Massenkultur ist prinzipiell Adaptation." (Adorno 1942, 305) Auch wenn Adorno in obiger Stelle seine Innovationskraft nicht gerade sonderlich hoch einschätzt, so ist doch generell eine positive Bewertung dieses Feldes seitens Kritischer Theorie zu verzeichnen. "Niedere Kunst" oder "Unterhaltung", wie dieses Feld seitens der Autoren genannt wird, enthalte ein "ungebärdiges" Widerstandsmoment (Adorno 1963, 60) und dürfe auch nicht verfallstheoretisch gedeutet werden (DA, 143). Sobald sie aber vom massenkulturellen Betrieb erfaßt werde, verliere sie genau wie die industriell beschlagnahmte Hochkultur ihre innovativen und subversiven Impulse. Massenkulturelle Produktion könne also beide Felder ausbeuten, ohne von den ihnen innewohnenden Kräften affiziert zu werden. Von ihrem Ausgangsmaterial unberührt, bleibe sie stets die Produktion eines schlechten Immergleichen. Diese nicht nur vom heutigen Standpunkt aus nicht recht einsehbare These sucht Adorno in der ersten Phase der Ausbildung des Kulturindustrie-Theorems durch einen schon von Hans Mayer (1938, 379) monierten Wechsel der Argumentation von Kategorien der Produktion zu Kategorien der Zirkulation zu stützen, oder, zugespitzter formuliert, durch eine Ersetzung von ökonomischen Kategorien durch solche der Sozialpsychologie. Auch wenn er dies erst in einem etwas späteren Text einräumen wird, scheint Adorno schon frühzeitig erkannt zu haben, daß eine auf die Produktionsseite des Phänomens beschränkte Argumentation überhaupt nicht in der Lage ist, den von ihm unterstellten Standardisierungs- und Neutralisierungsprozeß in der Massenkultur zu erklären: "It would not increase the costs of production if the various composers of hit tunes did not follow certain standard patterns." (Adorno/Simpson 1941, 72) Unter dem Schlagwort der "Regression des Hörens" versucht sich Adorno deshalb an einer Analyse des Bewußtseins der Konsumenten massenkultureller Produkte zur Erklärung dieses Prozesses. Dieses ist für ihn nämlich letztendlich dafür verantwortlich, daß eine innovative oder gar subversive Popularkunst genausowenig Chancen auf dem Markt hat wie die Neue Musik.

"Es gibt tatsächlich einen neurotischen Mechanismus der Dummheit auch im Hören: die hochmütig ignorante Ablehnung alles Ungewohnten ist sein sicheres Kennzeichen. Die regredierten Hörer benehmen sich wie Kinder. Sie verlangen immer wieder und mit hartnäckiger Tücke nach der einen Speise, die man ihnen einmal vorgesetzt hat." (Adorno 1938, 34)

Die hier verwendete Wortwahl ist nicht zufällig. Wer sich wie ein Kind benimmt, ist unmündig im Sinne der Aufklärung. Die regredierten Hörer sind in ästhetischer Hinsicht unmündig, und diese Unmündigkeit ist - trotz des sie befördernden Reklameterrors des massenkulturellen Distributionsapparates (Adorno 1938, 30f.) - eine für Adorno in Anlehnung an Immanuel Kant selbstverschuldete, insofern dem Terror des Apparats keinerlei Widerstand seitens der Hörer entgegengesetzt wird. Im Gegenteil

"offenbaren [sie], wann immer es ihnen erlaubt wird, den verkniffenen Haß dessen, der eigentlich das andere ahnt, aber es fortschiebt, um ungeschoren leben zu können, und der darum am liebsten die mahnende Möglichkeit ausrotten möchte. Es ist diese präsente Möglichkeit oder, konkreter gesprochen, die Möglichkeit einer anderen und oppositionellen Musik, vor der eigentlich regrediert wird." (Adorno 1938, 29)

Zusammengenommen ergibt die Verschiebung der Argumentation auf die Analyse des regressiven Hörens ein auf den ersten Blick plausibles Modell einer negativen Wechselwirkung zwischen Produktion, Distribution und Hörerbewußtsein, die jede potentielle Abweichung von der Norm von vornherein unmöglich macht: die Vermarktungsstrategien der Produzenten bestimmen die regressive Nachfrage und die regressive Nachfrage bestimmt rückwirkend wiederum die Produktion. Dieses Modell wird aber sofort unplausibel, wenn die These von der Allmächtigkeit der Reklame methodisch bezweifelt10 und die Konsumtion auch anders und möglicherweise viel weniger grobschlächtig beschrieben werden kann als in Begriffen eines immergleichen Verlangens nach einer "Art musikalischer Kindersprache" (Adorno 1938, 34). So könnte eine Theorie der Konsumtion postuliert werden, die in völligem Gegensatz dazu von einer durch Reklame nicht vollständig kontrollierbaren Differenzierung der Bedürfnisse ausgeht und die Nachfrage zum zentralen Faktor einer von Adorno beständig verneinten Evolution in den massenkulturellen Genres macht. In seiner Auseinandersetzung mit Adorno hat Hans Mayer mittels einer solchen Theorie der "Progression des Hörens" dessen Kreislaufmodell von Produktion und Regression scharf kritisiert:

"Es stimmt nämlich nicht, daß es sich bei allen Schlagern stets nur um die "ewige Wiederkehr des Gleichen" handelt, wie Adorno das behauptet. Schaut man genau hin, so zeichnen sich die wirklichen Weltschlager von den vielen gleichartigen Weisen stets durch irgendeine Besonderheit aus, wenn man will, durch eine Nüance in der allgemeinen Minderwertigkeit: es mag sich hier um einen Trugschluß, da um eine geschickte rhythmische Verrückung, dort um eine innerhalb der allgemeinen harmonischen Öde erstaunlich wirkende Modulation handeln. Der Nachweis könnte im einzelnen erbracht werden: man könnte gewisse Riesenerfolge des von Adorno so verächtlich abgetanen Irving Berlin neben die zahllosen Produkte von Konkurrenzunternehmen stellen und im einzelnen die größere "veine", die Hand eines (relativ) einfallsreichen Musikers erkennen. Ähnlich steht es mit anderen Namen, die gerade nicht durch den äußersten Konformismus, sondern durch ein gewisses Emporragen dank technisch musikalischer Schulung zum Erfolg gelangen." (Mayer 1938, 381)

Die Nachfrage ist damit eine nach innovativeren Produkten als den bis dahin dagewesenen. "Es ist also nicht die restlose Dagewesenheit, die wirkt und gewünscht wird, sondern ihre (vorsichtige) Durchbrechung." (Mayer 1938, 382) Diesem prinzipiellen Einwand wird Adorno etwas später mit dem Argument zu begegnen suchen, daß der hier beschriebene Prozeß zwar stattgefunden habe, aber eine spezifische Bewegungsform der konkurrenzkapitalistischen Periode gewesen sei, die im Zeitalter der Kartellierung der Branche stillgestellt sei zugunsten einer Stereotypisierung der ehemals erfolgreichsten Modelle:

"The musical standards of popular music were originally developed by a competitive process. As one particular song scored a great success, hundreds of others sprang up imitating the successful one. The most successful hits, types and "ratios" between elements were imitated, and the process culminated in the crystallization of standards. Under centralized conditions such as exist today these standards have become "frozen". That is, they have been taken over by cartelized agencies, the final results of a competitive process, and rigidly enforced upon material to be promoted. Non-compliance with the rules of the game became the basis for exclusion. [...] Large-scale economic concentration institutionalized the standardization, and made it imperative. As a result, innovations by rugged individualists have been outlawed." (Adorno/Simpson 1941, 72)

Obwohl Adorno vier Jahre nach dem Jazzaufsatz und im völligen Gegensatz zu dessen Annahmen durch die Historisierung seines Gegenstandes eine gewisse, wenn auch nur in der Vergangenheit stattgefunden habende Innovationsdynamik auch auf dem Felde industriell produzierter Massenkultur einräumen muß, so gestattet ihm dieselbe Historisierung jedoch gleichzeitig, sein Kreislaufmodell weiterhin aufrechtzuerhalten, das die Möglichkeit einer Differenzierung der Konsumentenbedürfnisse über das gegebene Angebot hinaus jetzt allerdings mit einem Verweis auf die veränderten ökonomischen Bedingungen verneint. Die Bedürfnisse erscheinen ihm und Horkheimer unter den Bedingungen industrieller Großkonzentration im Gegensatz zu früheren Zeiten auch in ihrer Differenzierung als nunmehr vollständig planbar: "Für alle ist etwas vorgesehen, damit keiner ausweichen kann, die Unterschiede werden eingeschliffen und propagiert." (DA, 131) Stellt dies möglicherweise schon ein Defizit hinsichtlich der Beschreibung der fordistischen Produktion dar, so wachsen die Probleme ins Unendliche, wenn mit diesem Analyserahmen das zeitgenössische "postfordistische" Produktionsparadigma erfaßt werden soll, in dem aufgrund einer verschärften Konkurrenz um nicht mehr endlos wachsende Märkte das Verhältnis zwischen Produktion und Konsumtion endgültig nicht mehr in Begriffen einer Planbarkeit der Märkte und der Bedürfnisse seitens der Produktion analysiert werden kann: "Für das komplexe System "Produktion-Konsumtion" wird jetzt der Markt zur unabhängigen Variablen, der mit seinen plötzlichen Veränderungen, schnellen Aufschwüngen und unvorsehbaren Einbrüchen die gesamte Handlungskette, die den Produktionsprozeß vorbereitet und begleitet, unter sein Kommando bringt. Der Produktionsprozeß hört auf, ein "selbst-referentielles" System zu sein, das zu autonomen Entscheidungen fähig ist und seiner eigenen exklusiven Rationalität folgen kann, und muß sich nun an externen Rationalitäten messen, die mit der rigiden Programmierung eines produktiven "Plans" nur noch schlecht zu vereinbaren sind." (Revelli 1997, 15f.) Wenn nämlich auf diese Weise die Gesellschaft "mit ihren unplanbaren Präferenzen" (Revelli 1997, 16) die Produktion zu strukturieren vermag und wenn außerdem zu diesen Präferenzen, wie Maurizio Lazzarato behauptet, Bedürfnisse wie der "Wissensbedarf", die "Liebe zum Schönen" und die "Gier nach dem Exquisiten" gehören (Lazzarato 1999, 170), so können die daraus resultierenden Effekte auf die massenkulturelle Produktion wohl nicht mehr adäquat mit der gegebenen Begriffsmaschinerie von Standardisierung, "Reklameterror" und Regression beschrieben werden. Geschieht dies heutzutage dennoch, so ist dahinter das genaue Gegenteil der Anstrengungen Kritischer Theorie zu vermuten, das für sie völlig neuartige Phänomen einer industriellen Kultur für industrielle Menschen mit Hilfe dieser Begriffe immer neu zu umkreisen, um es in seiner ganzen Komplexität verstehen zu können: ein solches Vorgehen ist nämlich dann in der Regel durch eine bloße Verdachtsstrategie motiviert.

III.

"Denn es gibt kein Problem dieser Entwicklungsstufe der
Menschheit, [...] dessen Lösung nicht in der Lösung des
Rätsels der Warenstruktur gesucht werden müßte."
GEORG LUKÁCS (1923, 257)

Um das Verhältnis zwischen Produktion und Konsumentenbedürfnissen als ein regressives wie auch den Widerspruch zwischen den vorhandenen technischen Möglichkeiten und der tatsächlichen Produktion als einen in der industriellen Massenkultur stillgestellten beschreiben zu können, entlehnt Adorno in der ersten Phase der Ausbildung des Kulturindustrie-Theorems aus einer gewissen verdinglichungstheoretischen Tradition innerhalb des Marxismus die Kategorie des "Fetischcharakters der Ware". Die schillernde Geschichte dieser Kategorie in der weiteren Entwicklung der Kritischen Theorie, die im folgenden nur angedeutet werden kann, ist die einer lebenslangen Faszination, die Adorno ihr entgegengebracht hat. Daß er erst in seiner prinzipiellen Methodenreflexion von 1966 fähig gewesen ist, sich der Suggestionskraft dieser Kategorie zu entziehen, die ihr die Interpretation von Lukács (1923) verliehen hat, liegt vor allem in dem Umstand begründet, daß Adorno sie lange Zeit als ein Werkzeug betrachtet hat, das ihm methodologisch erlaubte, von der Tatsache der kapitalistischen Warenproduktion unmittelbar auf die ideologischen Formen, in denen die Menschen alltäglich ihre wirklichen Lebensbedingungen gleichzeitig erkennen und verkennen, schließen zu können, wie folgende Stelle aus einem Brief an Walter Benjamin vom August 1935 zeigt: "Der Fetischcharakter der Ware ist keine Tatsache des Bewußtseins sondern dialektisch in dem eminenten Sinne, daß er Bewußtsein produziert." (Adorno/Benjamin 1994, 139) Gilt diese Kategorie aber in Adornos Fetischismusaufsatz noch als ein Universalschlüssel - und folglich der Kritik an Adorno als "Prokrustesbett" (Mayer 1938, 379) -, so weicht diese für den Institutsmainstream dieser Jahre sowieso nie zentrale Kategorie auch in Adornos eigener Theorieentwicklung nach und nach der Detailanalyse der Mechanismen der Herrschaft und der spezifischen Wirksamkeit der Überbauten in den demokratischen als auch den faschistischen Gesellschaften, bis 1966 der Punkt erreicht ist, an dem diese Kategorie wieder auf ihren ursprünglichen Marxschen Bedeutungskern einer im kapitalistischen Tauschprozeß notwendig auftretenden eigentümlichen Mystifikation zurückgeschraubt worden ist (Adorno 1966, 190): das gesellschaftliche Verhältnis zwischen den am Tauschprozeß Beteiligten erscheint diesen als ein Verhältnis von Dingen. Diese "phantasmagorische Form" (Marx 1962, 86) stellt das notwendig falsche Bewußtsein einer Produktionsweise dar, die die gesellschaftliche Gesamtarbeit in der Gestalt von unabhängig voneinander betriebenen Privatarbeiten organisiert, die auf dem Markt ausgetauscht werden. Ihre alltägliche Tauschpraxis führt die Produzenten dazu, den Tauschwert für eine natürliche Eigenschaft der ausgetauschten Dinge zu halten:

"Was die Produktenaustauscher zunächst praktisch interessiert, ist die Frage, wieviel fremde Produkte sie für das eigne Produkt erhalten, in welchen Proportionen sich also die Produkte austauschen. Sobald diese Proportionen zu einer gewissen gewohnheitsmäßigen Festigkeit herangereift sind, scheinen sie aus der Natur der Arbeitsprodukte zu entspringen, so daß z. B. eine Tonne Eisen und 2 Unzen Gold gleichwertig, wie ein Pfund Gold und ein Pfund Eisen trotz ihrer verschiednen physikalischen und chemischen Eigenschaften gleich schwer sind." (Marx 1962, 89)

Was in Wirklichkeit Ausdruck der in der Produktion eines Gegenstandes verausgabten menschlichen Arbeit ist, wird wie sein Gewicht oder seine Farbe für eine ihm innewohnende Qualität gehalten. An diesem Punkt setzen 1938 Adornos Reflexionen über den "Fetischcharakter in der Musik" an, indem sie, Marx radikalisierend, die Fetischkategorie über die Tauschpraxis hinaus auch auf die Konsumtion ausdehnen. Der Tauschwert, und nicht mehr der Gebrauchswert einer Ware, werde zum Gegenstand des Genusses: "Die Frau, die Geld zum Einkaufen hat, berauscht sich am Akt des Einkaufens" (Adorno 1938, 20); und der Konzertbesucher bete "recht eigentlich [...] das Geld an, das er selber für die Karte zum Toscaninikonzert ausgegeben hat" (Adorno 1938, 19). Für sich allein betrachtet, scheint diese Ausdehnung der Fetischkategorie für eine Theorie der Produktion und Rezeption industriell produzierter Massenkultur recht wenig zu erbringen. Die zitierten Stellen lesen sich nämlich auf den ersten Blick so, als ob Adorno hier seiner Sammlung von reaktiven Verhaltenstypen einfach nur zwei weitere komische Figuren hinzufügen wolle, die die Irrationalität des Konsumentenbewußtseins verkörperten. Die Kritik Adornos an den Konsumenten wirkt dabei wie eine Art Blaupause für die heutigen Versuche gewisser Ideologen der Neuen Mitte, die offenbar gegen ihre eigene Vernunft handelnden Massen zu Subjekten einer rationalen Ökonomie erziehen zu wollen. Und in der Tat hätte es Adorno sehr erstaunt, zu hören, daß knapp 40 Jahre später ein anderer Science Fiction-Autor eben dieses vermeintlich unvernünftige Handeln der Massen als einen Widerstandsakt gegen erzieherische Zumutungen des obigen Typs und gegen die Nützlichkeitsimperative der Ökonomie interpretieren wird:

"Zu ihrem größten Erstaunen haben die Ökonomen den Konsum trotz ihrer mit Ernst betriebenen "Theorie der Bedürfnisse" und trotz des allgemeinen Konsensus über den Diskurs der Nützlichkeit nie rationalisieren können. Die Praxis der Massen hatte nämlich schon sehr bald nichts mehr mit den Bedürfnissen zu tun (und hat vielleicht nie etwas mit ihnen zu tun gehabt). Sie haben den Konsum in eine andere Dimension gehoben, die Dimension von Status und Prestige, der unnützen Überbietung oder der Simulation, in die Dimension des Potlatch, die sowieso über den Gebrauchswert hinausgeht. Natürlich versucht man, ihnen von allen Seiten (durch offizielle Propaganda, Verbrauchervereinigungen, Ökologen und Soziologen) die vorteilhafte Nutzung und die funktionelle Berechnung in Sachen Konsum einzuschärfen, aber es ist hoffnungslos. Denn der Widerstand der Massen läuft über den Wert als Zeichen und den zügellosen Einsatz des Werts/Zeichens [...], durch ihn widerstehen sie dem "objektiven" Imperativ der Bedürfnisse und dem rationalen Gleichgewicht der Verhaltensweisen und der Ziele." (Baudrillard 1979, 38f.)

Mit der Kategorie des Fetischcharakters der Ware möchte Adorno jedoch mehr erreichen als eine bloße Verschärfung seiner rationalistischen Kritik an der Unmündigkeit der Konsumenten moderner Massenkultur. Über die These von der Verdrängung des "Gebrauchswerts" kultureller Produkte (d. h. ihres Werkgehalts) durch ihren Tauschwert soll nämlich die viel weiterreichendere These begründet werden, daß nicht nur die innovativen und subversiven Impulse des popularen Kulturfeldes, sondern auch und gerade die der Produkte der Hochkultur im Zuge ihrer kapitalistischen Verwertung vollständig neutralisiert worden seien. Die Konsumtion des Tauschwerts dieser Produkte, oder, um es in einer klareren Sprache als in der der marxisierenden Terminologie Adornos auszudrücken, die ihres Prestigewerts11 führe zur Indifferenz gegenüber den in den einzelnen Kunstwerken aufgespeicherten Erfahrungspotentialen: "Die Werke, die der Fetischisierung unterliegen und zu Kulturgütern werden, erfahren dadurch konstitutive Veränderungen. Sie werden depraviert. Der beziehungslose Konsum läßt sie zerfallen." (Adorno 1938, 22) Fetischisiert werde dabei auf der Seite der Konsumtion - und in Reaktion darauf auch auf der Seite der Produktion - der Erfolg derjenigen Produkte, den die Konsumenten durch ihre eigene regressive Praxis erst möglich gemacht hätten. Dieses allgemeine Verhältnis der Konsumenten zu den Kunstwerken führt, dem Dialektiker zufolge, zu zwei einander völlig entgegengesetzten Effekten. Einerseits natürlich zur Fetischisierung der "best sellers" und damit zum Kultus des "Einfalls", des Stars und des Instruments, deren unausweichliche Folge die Potpourrisierung des klassischen Erbes und seine Angleichung an die musikalische Kindersprache der Schlager und des offiziellen Jazz sei (Adorno 1938, 16-25). Aber auch die Gegenreaktion darauf sei geprägt von Fetischisierung: das "offizielle Aufführungsideal" fetischisiere seinerseits nämlich im Namen der Werktreue die eiserne Disziplin des Orchesterapparates und den Dirigenten als Führerfigur und nähere damit die traditionelle Hochkultur virtuell der faschistischen Disziplin an (Adorno 1938, 26f.). In der Praxis der Konsumenten herrsche die Zerstreuung, in der des offiziellen Kulturbetriebs das Kommando: in beiden werde die traditionelle Hochkultur als Widerstandspol gegen die herrschende Übung liquidiert.
Hatte sich Adorno in seiner Kontroverse mit Hans Mayer noch 1939 dazu gratuliert, mit dieser Kritik des musikalischen Fetischismus eine Art Prolegomena zu einer wahrhaft marxistischen Musiktheorie geschrieben zu haben12, so beurteilt er knapp ein Jahr später den Fetischismusaufsatz in einem Brief an Walter Benjamin schon wesentlich selbstkritischer. Der Aufsatz lege "das Mißverständnis des Kulturrettenden" nahe und sei "als Konstruktion nicht ganz gelungen" (Adorno/Benjamin 1994, 416). Das Problem liegt aber nicht, wie Adorno hier noch glaubt, einfach nur darin, daß der Aufsatz aufgrund von Konstruktionsfehlern in unzusammenhängende Einzelteile zerfalle; es liegt, wie schon Hans Mayer bemerkt hat, darin, daß die Phänomene, die in ihm als Effekte des Warenfetischismus in der Musik ausgewiesen werden, jeweils auch mit ganz anderen Begriffen und dann vielleicht sogar viel genauer beschrieben werden können als mit den pseudoökonomischen Kategorien Adornos. "Die gewählten Kategorien erscheinen [...] unangemessen: der konkrete Prozeß läßt sich weit besser ohne ihre Hilfe deuten, selbst wenn man ihn genau so sieht und bewertet wie Adorno." (Mayer 1938, 379) So kann der Kultus des "Einfalls", in dessen Gefolge Melodiendetektive nach musikalischen "Diebstählen" fahnden (Adorno 1938, 17), auch als Reflex der Ausweitung des zuerst in der Massenkultur etablierten Konzepts des "intellektuellen Eigentums" auf die Sphäre der traditionellen Hochkultur gedeutet werden. Auch ist der Zerfall der klassischen Werke im beziehungslosen Konsum keine sichere Evidenz für die Existenz eines Warenfetischismus in der Musik. Er kann genausogut als Indiz dafür dienen, daß diese Werke auf keine andere Weise mehr konsumiert werden können, eben weil sie klassisch sind. Durch seine Eingliederung in das Pantheon der Kulturdenkmäler wird ein beliebiges Kunstwerk nämlich in einem solchen Maße dekontextualisiert und von seinen konkreten Bedeutungen entleert, daß ein unmittelbarer Zugang zu ihm nicht mehr gegeben ist. Potpourrisierung oder sterile Werktreue sind in dieser der Sprach- und Ideologietheorie V. N. Vološinovs entlehnten Perspektive keine Effekte eines Fetischismus auf Seiten der Konsumenten, sondern Effekte einer Neutralisierung der diesem Werk innewohnenden Kräfte, die die notwendige Folge seiner Kanonisierung ist: "Ein Zeichen, das aus der Spannung des sozialen Kampfes ausgesondert wird [...], muß notwendigerweise verkümmern, zur Allegorie degenerieren und zum Objekt nicht eines lebendigen Verständnisses, sondern der Philologie werden." (Vološinov 1975, 72) Diese Erklärungsalternative zum Warenfetischismus liegt im übrigen auch deshalb nahe, weil ähnliche Beobachtungen auch im Fetischismusaufsatz und in der Dialektik der Aufklärung gefunden werden können.13 Im Gegensatz zu Vološinov scheint Adorno aber niemals bereit gewesen zu sein, aus diesen Beobachtungen die entsprechenden radikalen Konsequenzen zu ziehen. Denkt man die These von der Erstarrung der Kunstwerke zu Klassikern nämlich zu Ende, so muß konsequenterweise davon ausgegangen werden, daß ein solcherart tradiertes Kunstwerk nur dann wieder soziale Kraft erlangt, wenn es aus dem Kanon herausgebrochen und neuen sozialen Kontexten zugeführt wird, in denen es seine neutralisierten Potentiale entweder wieder entfalten kann oder mit neuen Bedeutungen ausgestattet wird.14 Adorno scheint dagegen zu glauben, daß der Zerstörung der Hochkultur insgesamt noch Einhalt geboten werden könnte, wenn nur die Konsumenten zu jener anderen Art von Umgang mit den Werken finden würden, die auch sein eigenes Verhältnis zur Kunst bestimmt: "die Fähigkeit zur bewußten Erkenntnis von Musik" (Adorno 1938, 28). Wenn aber Adorno beispielsweise in der Musik Mozarts eine "schmerzhafte Süße" der Versöhnung zu erkennen vermeint, die deswegen schmerze, "weil die Realität sie bis heute verweigerte" (Adorno 1973a, 264), so handelt es sich dabei nicht mehr um eine noch lebendige Bedeutungsdimension dieser Musik, sondern um eine rein intellektualistisch rekonstruierte. Eine Kritische Theorie der Kunst hätte aber zuallererst jene sozialen Konstellationen anzugeben, in denen der von Adorno allen hochkulturellen Kunstwerken a priori unterstellte "polemische" Charakter gegenüber der schlechten gesellschaftlichen Realität mehr wäre als eine esoterische individuelle Erfahrung oder eine ohnmächtige Erinnerung an Zeiten, in denen eine solche Kunst noch möglich war.
Schwerwiegender als die bisher diskutierten Punkte ist aber, daß der Fetischismusaufsatz selber Kategorien enthält, die ebenfalls Erklärungsalternativen zum Warenfetischismus darstellen. Im Gegensatz zu Marx - und hierin liegt der wirkliche Konstruktionsfehler des Aufsatzes - begreift Adorno den Warenfetischismus nicht als ein aus der Alltagspraxis der Individuen quasi naturwüchsig entstehendes Verhältnis. Im Gegenteil: "Die affektive Besetzung des Tauschwerts ist keine mystische Transsubstantiation. Sie entspricht der Verhaltensweise des Gefangenen, der seine Zelle liebt, weil nichts anderes zu lieben ihm gelassen wird." (Adorno 1938, 21) Ob der dahinterliegende Zwang nun als "Kommando der Verleger, Tonfilmmagnaten und Rundfunkherrn" (Adorno 1938, 16), als Terror der Reklame oder als Effekt der Kanonisierung begriffen wird - in allen Fällen erweist sich die als universelles Erklärungsprinzip eingeführte Kategorie des Warenfetischismus als ein seinerseits durch andere Begriffe erst zu erklärender Sachverhalt. Auch konkurriert sie in Adornos Ansatz strukturell mit dem sozialpsychologischen Konzept der Regression des Hörens, ohne daß sie fähig wäre, die von diesem Konzept beschriebenen Phänomene in ein prinzipiell neues Licht zu tauchen. Sie ist damit ein Kandidat für Ockhams Rasiermesser. Diese etwas verfahrene begriffliche Situation kann auch nicht durch das Argument aufgelöst werden, daß es in erster Linie die Standardisierung der kulturellen Produktion selbst (und nicht der Terrorismus der Distribution) sei, die das fetischistische Verhalten der Konsumenten erzwinge, insofern die Produktion des Immergleichen Waren ohne wirklichen Gebrauchswert erzeuge (Adorno 1938, 20, 21). Denn auch in dieser Interpretationsvariante des Fetischismusaufsatzes bleibt der Warenfetischismus eine abgeleitete Kategorie, die für sich genommen keinerlei Erklärungskraft besitzt.
Wenn auch abgeleitet und, rein analytisch betrachtet, eigentlich überflüssig, hat die Kategorie des Warenfetischs eine entscheidende Rolle in der Begriffsarchitektur von 1938 gespielt: sie hat nämlich aufgrund ihres inflationären und rein assoziativen Gebrauchs erfolgreich die Tatsache verdecken können, daß Adorno im Fetischismusaufsatz zwei völlig entgegengesetzte Erklärungsstränge gewaltsam zusammengezwängt hat. Der erste Erklärungsstrang, dem wir in diesem Abschnitt bis jetzt gefolgt sind, erklärt den konstatierten kulturellen Verfall mit dem irrationalen Verhalten und der ästhetischen Unmündigkeit der Konsumenten, die, wenn auch mit Einschränkungen, noch als "freie" Marktsubjekte konzipiert sind. Der zweite Erklärungsstrang umreißt dagegen die Konturen eines kulturellen Übermächtigungsapparates; das Verhältnis zu den Konsumenten ist hierbei nicht mehr ein indirektes, über den Markt vermitteltes, sondern ein direktes Herrschaftsverhältnis. Wenngleich der zweite Strang im Fetischismusaufsatz nur in Form zusammenhangloser Einzelbeobachtungen vorliegt, deren Systematisierung durch den förmlich reflexhaften Bezug der Phänomene (Ohnmacht der Individuen gegenüber dem massenkulturellen Apparat, Kanonisierung, "manipulierter Geschmack" (Adorno 1938, 21)) auf die Kategorie des Warenfetischs verhindert wurde, stellen diese Einzelbeobachtungen die ersten Risse im Theoriegefüge der ersten Phase des Kulturindustrie-Theorems dar, die sich innerhalb kürzester Zeit zu einem vollständigen Bruch mit dem diese Phase kennzeichnenden ökonomistischen Reduktionismus ausweiten werden. Der Wechsel von einer in Begriffen einer Ökonomisierung der Kultur argumentierenden Analyse zu einer Theorie der "subsumption of culture (and social relations) under the totalitarian figure of the state" (Hardt/Negri 2000, 25) ist dabei von drei Faktoren begünstigt worden. An erster Stelle ist dabei die Verschiebung des Interesses zu denjenigen "Endformen" der Massenkultur zu nennen, in denen nach Ansicht der Kritischen Theorie die analysierten Gleichschaltungs- und Neutralisierungsprozesse der Massenkultur gleichsam ihren point of no return erreicht hatten, d. h. die Verschiebung des Interesses auf die Formen faschistischer und staatssozialistischer Massenkultur und Propaganda, die als staatlich gesteuerte Institutionen nicht mehr mit Mitteln der von Adorno bis dahin verwendeten marxisierenden Terminologie beschrieben werden konnten. Die Ende der 30er Jahre begonnene und 1944 in systematisierter Form vorgelegte Auseinandersetzung mit der zu jener Zeit fortgeschrittensten Form der Massenkultur - dem Radio - machte weiterhin die Inadäquatheit des bisherigen Modells auch für die Beschreibung der Massenkultur der demokratisch-kapitalistischen Gesellschaften sichtbar: die einzige ökonomische Dimension der über das Radio ausgestrahlten massenkulturellen Erzeugnisse, die Horkheimer und Adorno noch feststellen können, ist ihre Reklamefunktion - beispielsweise für Produkte der Unterhaltungselektronik, aber auch für Autos, Seife und Chesterfield-Zigaretten (DA, 168). An diesem Punkt gerät die ökonomistische Ableitungsmaschinerie von Produktion und Distribution, Angebot und Nachfrage, Tauschwert und Gebrauchswert ins Stocken: "Kultur ist eine paradoxe Ware. Sie steht so völlig unterm Tauschgesetz, daß sie nicht mehr getauscht wird; sie geht so blind im Gebrauch auf, daß man sie nicht mehr gebrauchen kann." (DA, 170) Trifft dies zu, so erweist sich nicht nur die Verwendung von Begriffen wie Tauschwert und Gebrauchswert als im Grunde sinnlos; es stellt sich weiterhin die Frage, worin denn eigentlich noch die Warenhaftigkeit der kulturellen Produktion bestehen soll - insbesondere dann, wenn gleichzeitig postuliert wird, daß auch in den demokratischen Gesellschaften Kultur/Reklame und politische Propaganda tendenziell ununterscheidbar würden (DA, 168f.). Ein weiterer Aspekt moderner Massenkultur, der mit dem gegebenen ökonomistischen Ansatz ebenfalls nicht erfaßt werden konnte, ist schließlich ihre Disziplinarfunktion, die Adorno schon in der ersten Phase des Kulturindustrie-Theorems anhand des Jazz (Adorno 1937, 95ff.) beschrieben hatte.
Das Kulturindustriekapitel der Dialektik der Aufklärung, das erste Dokument dieses Wechsels, ist genau spiegelbildlich zu dem Aufsatz von 1938 organisiert: die ökonomistische Argumentation wird randständig, während die Analyse des massenkulturellen Apparats als Übermächtigungsapparat das dominante Thema darstellt. Die Kategorie des Warenfetischs wird zwar in einer präzisierten Form beibehalten, verliert jedoch ihren Anspruch, ein Universalschlüssel zu sein, und wird zu einer Chiffre für das regressive Verhältnis der Konsumenten zu den Kulturgütern: "Was man den Gebrauchswert in der Rezeption der Kulturgüter nennen könnte, wird durch den Tauschwert ersetzt, anstelle des Genusses tritt Dabeisein und Bescheidwissen, Prestigegewinn anstelle der Kennerschaft. [...] Der Gebrauchswert der Kunst, ihr Sein, gilt ihnen als Fetisch, und der Fetisch, ihre gesellschaftliche Schätzung, die sie als Rang der Kunstwerke verkennen, wird zu ihrem einzigen Gebrauchswert, der einzigen Qualität, die sie genießen." (DA, 167) An ihre Stelle tritt als zentrale heuristische Kategorie die der Herrschaft. Dieser theoretische Bruch wird nicht in der Dialektik der Aufklärung, sondern erst nachträglich in Adornos Methodenreflexion von 1966 theoretisch und sachlich durch eine explizite Kritik an Lukács' Verdinglichungsaufsatz und damit an der eigenen Position in den 30er Jahren begründet:

"Aber Verdinglichung selbst ist die Reflexionsform der falschen Objektivität; die Theorie um sie, eine Gestalt des Bewußtseins, zu zentrieren, macht dem herrschenden Bewußtsein und dem kollektiven Unbewußten die kritische Theorie idealistisch akzeptabel. [...] Worunter die Menschen leiden, darüber gleitet mittlerweile das Lamento über Verdinglichung eher hinweg, als es zu denunzieren. Das Unheil liegt in den Verhältnissen, welche die Menschen zur Ohnmacht und Apathie verdammen und doch von ihnen zu ändern wären; nicht primär in den Menschen und der Weise, wie die Verhältnisse ihnen erscheinen." (Adorno 1966, 191)

Diese retrospektive Abrechnung ist jedoch in gewisser Weise blind gegenüber den Motivationen der eigenen Theorieentwicklung. Daß der Begriff der Verdinglichung/des Warenfetischs nicht schon Ende der 30er Jahre für Adorno als idealistisches Konstrukt durchschaubar war, liegt nicht nur an der für die eigene Theorieproduktion folgenreichen Einbindung in die Konstellation der von Lukács beeinflußten Institutsoutsider (mit Benjamin und Alfred Sohn-Rethel), sondern auch in der eigentümlichen Fixiertheit der Adornoschen Massenkulturkritik auf das Thema der Zerstörung der traditionellen Hochkultur. Da die moderne Massenkultur von ihm nicht als Vollendung der affirmativen Logik der Hochkultur, sondern einzig und allein als Resultat der kapitalistischen Aneignung von Kultur und damit als eine reine Verfallsform begriffen wurde, lag eine Konzeption nahe, die diese Verfallserzählung in den allgemeineren Rahmen einer grundsätzlichen Kritik an der kapitalistischen Warenproduktion integrieren konnte, wobei die Kategorie des Warenfetischs für Adorno imstande zu sein schien, die Mehrheit der gegebenen Phänomene theoretisch widerspruchsfrei erfassen zu können. Die nicht in diese Konzeption passenden Phänomene - die Disziplinarfunktion moderner Massenkultur, die Neutralisierungseffekte der Kanonisierung hochkultureller Werke - konnten genauso wie die innere Widersprüchlichkeit der Begriffsarchitektur von Adorno solange ignoriert bzw. als nebensächliches Konstruktionsproblem behandelt werden, wie kein alternatives Erklärungsparadigma vorhanden war. Umgekehrt wird erst im Lichte des neuen, konsistenteren Erklärungsparadigmas offenbar, daß die ökonomistische Begrifflichkeit gerade in ihrer Inkonsistenz schon über sich selbst hinauswies, insofern sie, um mit Althusser zu sprechen, "das Spiel eines realen Dramas" darstellte, "in dem alte Begriffe verzweifelt die Rolle eines abwesenden Begriffs übernommen haben und nun vergeblich versuchen, diesen namenlosen Begriff auf die Bühne [zu] rufen" (Althusser 1972, 35). Dieser Begriff ist der der Kulturindustrie.

IV.

"Totalitarism, Taylorism, Bruitism, Disco."
LAIBACH, Perspektiven

In den beiden vorangegangenen Abschnitten ist die Geschichte des Kulturindustrie-Theorems fast ausschließlich von der Perspektive der Theorieentwicklung Adornos her betrachtet worden. Die bis jetzt präsentierte Darstellung hat somit noch nicht vollständig mit dem Erzählrahmen des Eingangs A brechen können, der in seiner Rezeption der Massenkulturkritik von Horkheimer und Adorno zwei in methodischer und begrifflicher Hinsicht eher fragwürdige Aufsätze15 Adornos systematisch überbewertet und die eigentlichen Innovationen des Kulturindustriekapitels der Dialektik der Aufklärung auf dem Gebiet einer materialistischen Kultur- und Medientheorie systematisch unterbewertet hat: zwar wurde die von diesem Rahmen angenommene Kontinuität zwischen den früheren Aufsätzen und dem Kulturindustriekapitel als Interpretationsschema aufgegeben, nicht aber die eigenartige Zentrierung der Darstellung um das Autor/Subjekt Adorno. Wählt man nämlich nicht die vom Eingang A fälschlicherweise als repräsentativ für Kritische Theorie insgesamt angesehenen Gesammelten Schriften Adornos mit ihren internen Kontinuitäts- und Diskontinuitätslinien als Ausgangspunkt, sondern die Ende der 30er Jahre schon fest umrissene und im Gegensatz zu Adorno (1938) nietzscheanisch geprägte Kulturtheorie der Institutsinsider, so kann die Geschichte des Kulturindustrie-Theorems in bedeutend kürzerer Zeit als bisher erzählt werden: das Kulturindustriekapitel der Dialektik der Aufklärung erscheint in dieser Perspektive als praktisch bruchlose Fortsetzung des Aufsatzes über den affirmativen Charakter der Kultur von Herbert Marcuse, der seinerseits einer im Institut schon fast routinemäßig auf jedes beliebige gesellschaftliche Phänomen angewandten Argumentationsfigur folgt. Wie beispielsweise die bürgerliche Philosophie oder der Protestantismus, so sei auch die bürgerliche Kultur geprägt von einem Widerspruch zwischen ihren emanzipatorischen und ihren herrschaftsstabilisierenden Dimensionen. Jedes der genannten Phänomene sei in einer ersten Phase, dem Kampf des Bürgertums gegen die Feudalherrschaft, Träger emanzipatorischer Ideen. Mit der Stabilisierung der bürgerlichen Herrschaft vor allem gegenüber den weiterhin vom gesellschaftlichen Reichtum Ausgeschlossenen würden die emanzipatorischen Züge von den in diesen Phänomenen ebenfalls enthaltenen autoritären verdrängt, bis schließlich der Umschlagspunkt erreicht sei, an dem nur noch autoritäre Züge übrigblieben und das jeweilige Phänomen zu einem integralen Element der faschistischen Herrschaft werde, die die bürgerliche beerbe. Das System der traditionellen Hochkultur kann also von zwei verschiedenen Seiten her beschrieben werden. Zum einen teilt Marcuse Adornos Einsicht in den Einspruchscharakter traditioneller Kunst gegen das schlechte Bestehende, die er eindringlicher als Adorno zu beschreiben vermag:

"Indem die große bürgerliche Kunst das Leid und die Trauer als ewige Weltkräfte gestaltet hat, hat sie die leichtfertige Resignation des Alltags immer wieder im Herzen der Menschen zerbrochen; indem sie die Schönheit der Menschen und Dinge und ein überirdisches Glück in den leuchtenden Farben dieser Welt gemalt hat, hat sie neben dem schlechten Trost und der falschen Weihe auch die wirkliche Sehnsucht in den Grund des bürgerlichen Lebens gesenkt." (Marcuse 1937, 67)

Diese Sehnsucht sei unter anderem auch die nach einem vernunftgeleiteten Zusammenwirken der Individuen, das Freiheit und Glück erst möglich mache. Traditionelle Kunst, vor allem die des klassischen Dramas, sei daher auch die Bewahrerin des Ideals einer herrschaftsfreien Kommunikation:

"Der Vers macht möglich, was in der Prosa der Wirklichkeit schon unmöglich geworden ist. In Versen sprechen die Personen über alle gesellschaftlichen Isolierungen und Distanzierungen hinweg von den ersten und letzten Dingen. [...] Verbrecher und Heiliger, Fürst und Diener, Weiser und Narr, reich und arm vereinigen sich in einer Diskussion, aus deren freiem Ablauf die Wahrheit herausleuchten soll." (Marcuse 1937, 70f.)

Auf der anderen Seite zeige aber die geschichtliche Entwicklung der bürgerlichen Kultur die Beschränktheit dieses emanzipatorischen Ideals auf, das mit der traditionellen Kunst verbunden war. "Das Ideal war freilich so konzipiert, daß weniger seine vorwärtstreibenden als seine retardierenden, weniger seine kritischen als seine rechtfertigenden Charaktere dominieren." (Marcuse 1937, 71) Nicht die bestehende materielle Lebensordnung sollte nämlich durch dieses verbessert werden, sondern nur die einzelnen Individuen selbst und an ihnen eigentlich nur ihre Seele. Indem der bürgerliche Kulturapparat die Gleichheit der Menschen als realisierte proklamierte und ungeachtet der realen Klassenschranken die Individuen ideologisch als Teilhaber an einer gemeinsamen Humanität anrief; indem er sie vom schlechten Dasein absehen ließ und ihre Glücksansprüche in die Scheinwelt der Kunst verlegte, neutralisierte er die subversiven Potentiale der klassischen Werke und machte sie zu einem Bestandteil der bürgerlichen Legitimationsideologie. Über diese Funktion der Produktion eines ideologischen Scheins hinaus habe die bürgerlich-affirmative Kultur eine noch wichtigere Rolle im bürgerlichen Herrschaftskonzert erfüllt: sie sei Erziehungs- und Disziplinarapparat gewesen. Ihre "große erzieherische Leistung" in der bürgerlichen Epoche hat nach Marcuse darin bestanden,

"das befreite Individuum, für das die neue Freiheit eine neue Form der Knechtschaft gebracht hatte, so zu disziplinieren, daß es die Unfreiheit des gesellschaftlichen Daseins ertrage. [...] Es gehörte eine jahrhundertlange Erziehung dazu, um jenen großen und alltäglich reproduzierten Schock erträglich zu machen: auf der einen Seite die dauernde Predigt von der unabdingbaren Freiheit, Größe und Würde der Person, von der Herrlichkeit und Autonomie der Vernunft, von der Güte der Humanität und der unterschiedslosen Menschenliebe und Gerechtigkeit - und auf der anderen Seite die allgemeine Erniedrigung des größten Teils der Menschheit [...]." (Marcuse 1937, 89f.)

Diese Konzeption der affirmativen Kultur als ideologischer und disziplinärer Herrschaftsapparatur wird von den Autoren der Dialektik der Aufklärung dem Kulturindustriekapitel als Blaupause unterlegt, wenn auch mit zwei folgenreichen Erweiterungen. Zum einen besteht für Horkheimer und Adorno die Selbstaufhebung der affirmativen Kultur nicht einfach wie für Marcuse in der Entkulturalisierung der Kultur und der Indienstnahme ihrer Disziplinarfunktion für das faschistische Projekt der totalen Mobilmachung (Marcuse 1937, 95f.). Sie besteht vielmehr in der Zusammenzwängung affirmativer Kultur mit dem popularen Unterhaltungsfeld zur industriell gefertigten Massenkultur. Dabei werde nicht das bloße Amusement an die Stelle der Erziehung gesetzt. Massenkultur sei im Gegenteil die unerbittliche Fortsetzung des Zivilisationsprozesses:

"Tragisches Lichtspiel wird wirklich zur moralischen Besserungsanstalt. Die von der Existenz unterm Systemzwang demoralisierten Massen, die Zivilisation nur in krampfhaft eingeschliffenen Verhaltensweisen zeigen, durch die allenthalben Wut und Widerspenstigkeit durchscheint, sollen durch den Anblick des unerbittlichen Lebens und des vorbildlichen Benehmens der Betroffenen zur Ordnung verhalten werden. Zur Bändigung der revolutionären wie der barbarischen Instinkte hat Kultur seit je beigetragen. Die industrialisierte tut ein übriges. Die Bedingung, unter der man das unerbittliche Leben überhaupt fristen darf, wird von ihr eingeübt. [...] Man braucht nur der eigenen Nichtigkeit innezuwerden, nur die Niederlage zu unterschreiben, und schon gehört man dazu." (DA, 161f.)

Die Disziplinarfunktion der Kultur erreiche in der Massenkultur eine neue Qualität, insofern sie auch diejenigen erfasse, die traditionellerweise von dem Zugang zur affirmativen Kultur ausgeschlossen waren. Niemand könne sich dem massenkulturellen Erziehungsprozeß entziehen. "Wer nicht ins Kino geht und lernt, so zu sprechen und zu gehen, wie das vom Monopol ersonnene Schema der Gesellschaft, dem sperrt das Monopol die Türen [...]." (Adorno 1942, 330) Daß dieser Einübungsprozeß praktisch reibungslos funktioniert, liegt für Horkheimer und Adorno aber nicht nur an der terroristischen Übermacht der vielzähligen, die gesamte Gesellschaft durchdringenden Herrschaftsapparaturen, mit denen die massenkulturelle eng verzahnt sei. Massenkultur produziere, so die eigentliche Erklärung, eine neue Form der Ideologie, die im Gegensatz zu den bürgerlichen Legitimationserzählungen von den Betroffenen als Ideologie nicht mehr durchschaubar sei. Dieses Argument stellt nicht nur die zweite Erweiterung des Kulturkonzepts von Marcuse dar, sondern auch einen tendenziellen Bruch mit den wahr/falsch-Dichotomien der traditionellen marxistischen Ideologiekritik. Die neue Form der Ideologie besteht für Horkheimer und Adorno nämlich nicht mehr in einer "verzerrten", sondern in einer geradezu "hyperrealistischen" Abbildung der bestehenden Verhältnisse:

"Die neue Ideologie hat die Welt als solche zum Gegenstand. Sie macht vom Kultus der Tatsache Gebrauch, indem sie sich darauf beschränkt, das schlechte Dasein durch möglichst genaue Darstellung ins Reich der Tatsachen zu erheben. Durch solche Übertragung wird das Dasein selber zum Surrogat von Sinn und Recht." (DA, 156f.)

Ideologisch ist also nicht das Abbildungsverfahren selber, sondern seine naturalisierenden Effekte: die Massenkultur bildet die Welt ab, wie sie ist - aber sie präsentiert sie als alternativlos. Massenkultur spricht sozusagen mit der vermeintlich neutralen Stimme des Realitätsprinzips zu den Menschen. Ihr kategorischer Imperativ lautet nach Adorno wie folgt: "du sollst dich fügen, ohne Angabe worein; fügen in das, was ohnehin ist, und in das, was, als Reflex auf dessen Macht und Allgegenwart, alle ohnehin denken." (Adorno 1963, 67) Auch der Rekurs auf ihre Herkunft entlarvt die massenkulturelle Verdoppelung der Welt als ideologische. Im Gegensatz beispielsweise zum Fetischcharakter der Ware im Marxschen Sinne entsteht diese nämlich keineswegs naturwüchsig aus der Alltagspraxis der Individuen. Im Ideologieaufsatz von 1954, der die ideologietheoretischen Befunde der Dialektik der Aufklärung zusammenfaßt, bestimmt Adorno die neue Ideologie ausdrücklich als Ergebnis einer systematischen Manipulationspraxis. Das "falsche" Bewußtsein in der modernen Massengesellschaft

"ist nicht mehr objektiver Geist, auch in dem Sinne, daß es keineswegs blind, anonym aus dem gesellschaftlichen Prozeß sich kristallisiert, sondern wissenschaftlich auf die Gesellschaft zugeschnitten wird. Das geschieht mit den Erzeugnissen der Kulturindustrie, Film, Magazinen, illustrierten Zeitungen, Radio, Bestseller-Literatur der verschiedensten Typen, unter denen die Roman-Biographien ihre besondere Rolle spielen, und nun in Amerika vor allem auch Fernsehen." (Adorno 1954, 474f.).

Die Reformulierung der traditionellen Ideologieproblematik in den Begriffen von "überhöhende[r] Verdoppelung" (Adorno 1954, 476) und Manipulation soll aber nicht nur dem weit verbreiteten Konformismus der Individuen in der modernen Massengesellschaft Rechnung tragen. Erklärt werden sollen mit ihr in erster Linie die ideologischen Ursprünge der Faschisierung der Subjekte und damit auch die Stabilität der faschistischen Herrschaft selbst - wobei diese Erklärung nicht im Kulturindustriekapitel, sondern in der VII. Antisemitismusthese der Dialektik der Aufklärung sowie in Horkheimers Vernunftessay von 1941/42 zu finden ist. In diesem faschismustheoretischen Zusammenhang stoßen wir wieder auf den Begriff der Regression als Erklärungskonzept. Regression meint hier den Verlust der eigenen Urteilskraft, mit dem die Individuen ihre realitätsgerechte Anpassung an die Verhältnisse bezahlen würden. An ihre Stelle träten die immergleichen Stereotypen bzw. Stereotypenbündel ("Tickets") der Massenkultur und anderer ideologischer Apparate. "Heute erhalten die Einzelnen ihre Tickets fertig von den Mächten, wie die Konsumenten ihr Automobil von den Verkaufsfilialen der Fabrik. Realitätsgerechtigkeit, Anpassung an die Macht, ist nicht mehr Resultat eines dialektischen Prozesses zwischen Subjekt und Realität, sondern wird unmittelbar vom Räderwerk der Industrie hergestellt." (DA, 215) Denken, traditionellerweise eine potentielle Distanzierungsmöglichkeit vom Zwang des Realitätsprinzips, sei unter dem Druck des verschärften Konkurrenzkampfes aller gegen alle zu einem reinen Organ der Selbstbehauptung der Individuen regrediert, das, um dieser Aufgabe gerecht zu werden, sich nicht mehr leisten könne, störende Erfahrungen, ja, sogar Erfahrungsoffenheit überhaupt, noch zuzulassen. Die eigene Selbstbehauptung fordere prompte und fraglose Reaktion zu jeder Zeit auf jede beliebige Situation. "In den Verbänden ist das Individuum nur ein Element und hat an sich selbst keine Bedeutung. Wenn es sich erhalten will, muß es nur überall zupacken können, in jedem Team mitmachen, zu allem geschickt sein. Es gehört immer einer Belegschaft an, in der Fabrik, beim Straßen- und Landbau, beim Sport, in der Armee. In jedem solchen Lager muß es unmittelbar seine physische Existenz verteidigen, beim Arbeiten, Essen, Schlafen seinen Platz behaupten, Püffe und Schläge nehmen und austeilen, unter der rauhsten Disziplin noch durchkommen." (Horkheimer 1942, 34) Die ihnen abverlangte prompte Einfügung in beliebige Verhältnisse könnten die Individuen nur dann erfolgreich leisten, wenn sie sich ihrer eigenen hemmenden Erfahrungs- und Reflexionsfähigkeit entledigten und die die Anpassungsanstrengung entlastenden Denk- und Verhaltensstereotypen der Massenkultur zu den ihrigen machten. "Man bedarf der Kenntnis von Tatsachen, der automatisierten Fähigkeit, sich richtig zu verhalten, nicht aber der ruhigen Erwägung verschiedener Möglichkeiten, die Freiheit der Wahl und Zeit zum Wählen voraussetzt. [...] Im Apparat wird keinem Zeit gelassen. Man muß sich rasch orientieren, prompt innervieren können." (Horkheimer 1942, 37) Diese auf den Schematismus der Massenkultur zurückgreifende alltägliche Form der instrumentellen Vernunft ist für Horkheimer und Adorno in zweierlei Hinsicht die Voraussetzung für die alltägliche Faschisierung der Subjekte. Selber ja nichts anderes mehr als ein Bündel eingeübter Vorurteilsstrukturen über jeden beliebigen Gegenstand, sei ein solches Denken einerseits anfällig für die wahnhaften Projektionen der faschistischen Propaganda, da es keinerlei Erfahrungskriterien zur Erkenntnis ihrer Wahnhaftigkeit mehr besäße und daher den Antisemitismus der Faschisten genauso blind verinnerlichen könne wie im demokratischen Zeitalter das Nebeneinander von positivistischer Wissenschaft und Astrologie. Zum anderen sei selbsterhaltende Vernunft in ihrer Anpassungsanstrengung von vornherein von einem Ressentiment gegenüber all jenen geprägt, denen unterstellt werde, daß sie aus Mangel an Willfährigkeit oder Vernunft nicht am System der allgemeinen Selbsterhaltung teilnehmen wollten oder könnten; ein Ressentiment, in dem sie vom kategorischen Imperativ der Massenkultur bestärkt werde und an das schließlich die nationalsozialistische Vernichtungslogik nahtlos anknüpfen könne:

"Hat man endlich [...] zum Realitätsprinzip entschlossen sich bekehrt [...], so soll keiner außerhalb stehen und zuschauen dürfen. Die Existenz eines einzigen Unvernünftigen erhellt die Schande der ganzen Nation. Sein Dasein bezeugt die Relativität des Systems radikaler Selbsterhaltung, das man absolut setzt. Wenn man schon mit jedem Aberglauben so weit aufräumt, daß nur noch Aberglauben überhaupt möglich ist, so darf kein Dummer umhergehen und in seinem schwachen Verstand anderswo das Glück suchen als im unbarmherzigen Fortschritt. Das törichte Festhalten an jenem Gott, der sie zu jeder Zeit im Stich gelassen hat, die Unversöhnbarkeit des Prinzips, zu dem sie aufblicken, auch wenn sie es nicht mehr wissen, mit der Macht der Welt, begründet den Haß gegen die Juden, der mit der Mordlust gegen die Irren identisch ist. Der Verdacht des Wahnsinns ist die unversiegliche Quelle der Verfolgung. Sie entspringt dem Mißtrauen in die eigene gesäuberte Vernunft, an der die rationale Zivilisation zugrunde geht." (Horkheimer 1942, 51)

Von dieser vernunftkritischen und faschismustheoretischen Zuspitzung her betrachtet, kann nicht nur die Entwicklungsgeschichte, sondern auch der Gegenstand des Kulturindustrie-Theorems anders bestimmt werden als in bisherigen Interpretationen. In dieser Perspektive steht in der zweiten Phase dieses Theorems nämlich nicht mehr die technische Reproduzierbarkeit der Kunst im eigentlichen Zentrum des Interesses, sondern die technische Reproduzierbarkeit der Ideologie. Der Ausdruck "Kulturindustrie" ist somit nicht einfach nur eine mehr oder weniger glückliche Umschreibung der ökonomischen und technischen Bedingungen moderner Kulturproduktion; er ist die begriffliche Kondensation der These, daß in den modernen Massengesellschaften, den demokratischen wie den totalitären, die ideologische Reproduktion der Verhältnisse vorausplanend-industriell über Kino, Massenpresse und Volksempfänger organisiert werde. Er ist also, kurz gesagt, das ideologietheoretische und herrschaftskritische Äquivalent zu dem neutraleren Begriff der "Massenmedien" (Adorno 1963, 61). Das Aufkommen des Fernsehens nach dem zweiten Weltkrieg schien dabei diese These endgültig zu bestätigen. Im Ideologieaufsatz von 1954 gilt das Fernsehen neben dem Kino als das eigentliche Medium der neuen Ideologie und damit auch der regressiven Realitätsanpassung:

"Die erfahrungslose Starrheit des in der Massengesellschaft vorherrschenden Denkens wird von dieser Ideologie womöglich noch verhärtet, während zugleich ein ausgespitzter Pseudorealismus, der in allem Äußerlichen das exakte Abbild der empirischen Wirklichkeit liefert, daran verhindert, das, was geboten wird, als ein bereits im Sinne der gesellschaftlichen Kontrolle Vorgeformtes zu durchschauen. Je entfremdeter den Menschen die fabrizierten Kulturgüter, desto mehr wird ihnen eingeredet, sie hätten es mit sich selbst und ihrer eigenen Welt zu tun. Was man auf den Fernsehschirmen erblickt, gleicht dem allzu Gewohnten, während doch die Konterbande von Parolen, wie der, daß alle Ausländer verdächtig oder daß Erfolg und Karriere das Höchste im Leben seien, als ein für allemal gegeben eingeschmuggelt wird." (Adorno 1954, 476)

Besaß dieses Modell angesichts der Erstarrung des demokratischen Projekts in den westlichen Gesellschaften aufgrund der Systemkonfrontation in den 50er Jahren eine gewisse Plausibilität, so wurde die These von der erfahrungslosen Starrheit der Individuen und ihrer unbegrenzten Manipulierbarkeit in der ersten Hälfte der 60er Jahre angesichts des neu entfachten Demokratisierungsprozesses (amerikanische Bürgerrechtsbewegung, antikoloniale Kämpfe, beginnender Widerstand in der Bundesrepublik Deutschland gegen die christdemokratische "formierte Gesellschaft") immer unplausibler. Die westlichen Demokratien (einschließlich der Bundesrepublik) konnten in diesem Zusammenhang auch nicht mehr einfach nur als bloße "Atempausen" im unerbittlichen Zivilisationsprozeß in Richtung eines totalitären Endzustandes beschrieben werden, wodurch die Medienkritik von Horkheimer und Adorno ihre faschismustheoretische Pointe verlor. Die Reaktion Adornos auf diese Plausibilitätsdefizite, die die dritte und letzte Phase in der Geschichte des Kulturindustrie-Theorems einläutet, hat 1966 darin bestanden, dem kulturindustriellen Apparat jegliche ideologische Wirksamkeit abzusprechen. Welche manipulativen Absichten die Kulturindustrie auch immer hege, ihre faktische gesellschaftliche Funktion erschöpfe sich in der Produktion von "primitiven Wunscherfüllungen, mit denen [sie] die Massen füttert, ohne daß diese recht daran glaubten." (Adorno 1966, 100) Die im völligen Gegensatz zur Ideologietheorie der 40er und 50er Jahre stehende These von einer Kluft zwischen ideologischer Manipulationsabsicht und tatsächlicher Rezeption ist von Adorno in seiner Ästhetikvorlesung vom 14.11.67 mit folgenden Argumenten weiter ausgebaut worden:

"Lange habe ich die Kulturindustrie danach kritisiert, daß ihre Wirkungen nur von der Art sein können, wie sie selber ist: daß sie in Verdummung enden müssen. Es will mir heute manchmal scheinen, - ich nähere mich damit paradox einem gewissen Empirismus an - als ob dieser Schluß von der Sache her voreilig war. Die Research-frage "what does TV do to Peter" ist wahrscheinlich falsch. Kulturindustrie rinnt wahrscheinlich von den Menschen herunter. Die Flachheit der Gebilde dürfte mit der Flachheit der Rezeption korrelieren. Es ist wahrscheinlich so, daß gerade dadurch, daß die Gebilde nichts anderes als Wirkung kalkulieren, [sie] eigentlich keine Wirkungen mehr ausüben, sie also eigentlich in sich selbst das verfehlen, um dessentwillen sie da sind. [...] Die faschistoide Ideologie der Boulevardpresse, besonders in den angelsächsischen Ländern, hat nicht zu faschistischen Massenbewegungen geführt. Dieser Aspekt des ästhetischen Erlebnisses, daß die Flachheit der Sache auch in der Flachheit der Resultate sich reflektiert, wäre festzuhalten." (Adorno 1973b, 10f.)

Es drängt sich an dieser Stelle der Eindruck auf, daß die der Kritischen Theorie zugrundeliegende negative Geschichtsteleologie hier ein tertium non datur erzwingt. Die eine Übertreibung kann nur durch ihr genaues Gegenteil abgelöst werden: Kulturindustrie erzeuge in den Menschen eine ideologische Prädisposition für den Faschismus bzw. die totale Integration in die verwaltete Welt; tut sie das nicht, so muß sie als wirkungslos angesehen werden. Die auf die Plausibilitätsdefizite der ersten These reagierende "empirische" Fassung des Kulturindustrie-Theorems ist dabei aber paradoxerweise jene, die für eine Analyse heutiger demokratischer Massenkultur als völlig unbrauchbar anzusehen ist. Indem in der dritten Phase des Kulturindustrie-Theorems dessen produktive Seite - das, wenn auch science-fictionhaft überzeichnete, ideologietheoretische Moment - faktisch durchgestrichen und nur seine dogmatische Seite - die These von dem schlechten Immergleichen massenkultureller Produktion - aufrechterhalten wurde, ist dieses Theorem selber zur - ästhetischen - Ideologie degeneriert: zum erfahrungslosen Stereotyp für jene Kunsthistoriker und Kulturanwälte, zu denen Adorno noch zur Zeit der Dialektik der Aufklärung in heftiger Gegnerschaft gestanden hatte. Mit anderen Worten schlägt das Kulturindustrie-Theorem an seinem Ende offen in diejenige konservative Ideologie um, die von Anfang an latent in ihm enthalten war.
Eine für die Analyse heutiger demokratischer Massenkultur brauchbare Fortsetzung des Kulturindustrie-Theorems kann daher nur außerhalb der kanonischen Texte Kritischer Theorie gefunden werden. Kodwo Eshun beispielsweise ist, auch wenn er das Kulturindustriekapitel der Dialektik der Aufklärung wahrscheinlich nur als ein weiteres absurdes Dokument eines antiquierten weißen Humanismus ansehen würde, dessen herrschaftskritischer Dimension näher als der Adorno der Vorlesungen zur Ästhetik, wenn er vom "militärisch-unterhaltungstechnischen Komplex" spricht: "Vom Internet bis zu den Simulationsspielen in den Spielhallen ist die Zivilgesellschaft nichts anderes als ein riesiger Forschungs- und Entwicklungszweig des Militärs. Der militärisch-industrielle Komplex ist der Zivilgesellschaft um Jahrzehnte voraus und hat sich in einen tödlichen militärisch-unterhaltungstechnischen Komplex verwandelt." (Eshun 1999, 101) Und Michael Hardt und Antonio Negri haben in direkter Auseinandersetzung mit der Dialektik der Aufklärung das Kulturindustrie-Theorem für den "postmodernen" Gesellschaftszustand wie folgt umgeschrieben:

"The political synthesis of social space is fixed in the space of communication. This is why communications industries have assumed such a central position. They not only organize production on a new scale and impose a new structure adequate to global space, but also make its justification immanent. Power, as it produces, organizes; as it organizes, it speaks and expresses itself as authority. Language, as it communicates, produces commodities but moreover creates subjectivities, puts them in relation, and orders them. The communications industries integrate the imaginary and the symbolic within the biopolitical fabric, not merely putting them at the service of power but actually integrating them into its very functioning." (Hardt/Negri 2000, 33)

Es ist aber nicht so sehr die erweiterte Bestimmung der Funktionen moderner Massenkultur im gesellschaftlichen Gefüge, die die zeitgenössischen Varianten des Kulturindustrie-Theorems von seiner klassischen Version trennen, sondern vor allem die Annahme einer Vielfalt von auf dem Terrain der Kulturindustrie selbst entstehenden kollektiven Widerstandslinien gegen die herrschenden Verhältnisse (Sonic Fiction, Cyberpunk, die kommunistischen Potentiale "immaterieller" Arbeit): ein ganzes Netzwerk produktiver und anhaltender Widerstände, das, folgt man den Schauermärchen der Kritischen Theorie von der organisierten Manipulation und der totalen Integration der Individuen, einfach nicht existieren dürfte. Horkheimer und Adorno haben wie ihre Parteigänger in den 60er Jahren nur die Alternative zwischen dem Widerstand der vereinzelten Individuen und dem totalen (kollektiven) Bruch mit den Verhältnissen gekannt, d. h. die zwischen Resistenz und Revolution. Die unendliche Vielfalt der zwischen diesen beiden Extrempolen liegenden Möglichkeiten war Kritischer Theorie (mit Ausnahme Herbert Marcuses) immer suspekt, da sie, wie der Marxismus vor ihr, diese vielfältigen Kämpfe aufgrund der in ihr eingeschriebenen Teleologie nicht zu denken vermochte. Infolge der wachsenden Skepsis gegenüber der revolutionären Option hat sich die politisch-erzieherische Strategie von Horkheimer und Adorno dann auch im wesentlichen auf den Versuch beschränkt, mit den Überresten bürgerlich-liberaler Hochkultur die damit verbundene Subjektform, wenn auch als randständige, in die Ära der "verwalteten Welt" hinüberzuretten. Jede Zurückdrängung dieser Subjektform durch neuartige Verschaltungen von Mensch und Technologie konnte in dieser Perspektive nur als ein weiterer Terraingewinn inhumaner Verhältnisse interpretiert werden. Dies erklärt die grenzenlose Traurigkeit dieser Theorie und ihre Unfähigkeit, zu neuartigen Technologien, Künsten, Subjektivitäten und Widerstandsformen ein anderes Verhältnis zu finden als ein ablehnendes oder, wie bei ihren derzeitigen Anhängern, ein denunziatorisches. Höchste Zeit also, von der negativen Spekulation Abschied zu nehmen und von einigen realen Widerstandsstrategien in der realen Welt zu berichten, oder, mit anderen Worten gesagt, einer Großen Erzählung einige kleine entgegenzusetzen.

V.

"Ebenso gibt es keine künstlerische Bewegung, die nicht
ihre Städte und Reiche und auch ihre Nomaden, Banden
und Primitiven hat."
GILLES DELEUZE und FÉLIX GUATTARI (1992, 604)

Mit seinem Aufsatz Neue Kunst und Massenkultur aus dem Jahre 1941, dem einzigen Text des Kulturindustrie-Theorems, in dessem Fokus die Frage nach der Möglichkeit von Widerstand gegenüber den autoritären Tendenzen in der demokratischen Massengesellschaft steht, hat Max Horkheimer gleichzeitig auch eine Art positiver Positionsbestimmung des Projekts einer Kritischen Theorie vorgelegt. Angesichts einer von allen emanzipatorischen Dimensionen gereinigten Aufklärung, die in Gestalt der Massenkultur endgültig in autoritäre Ideologie und Massenbetrug umgeschlagen sei, müsse sich antiautoritäres Denken mit derjenigen kritischen Instanz verschwistern, die nach der Integration von Marxismus, Psychoanalyse und Arbeiterbewegung in den Block der Herrschaft als einziges wirkungsmächtiges Widerstandsmoment noch übriggeblieben sei: der Instanz der ("autonomen") Kunst. Diese ist für Kritische Theorie in zweierlei Hinsicht von paradigmatischer Bedeutung: sie stellt nicht nur ein Modell für die Erhaltung "starker" Subjektivität dar, sondern auch ein Modell für eine Erkenntnisform, die im Gegensatz zur instrumentell verkürzten Vernunft nicht das Besondere zugunsten des Allgemeinen liquidiert:

"Individualität besteht nicht in Idiosynkrasien und Schrullen, sondern in der Widerstandskraft der geistigen Fähigkeiten gegen die plastische Chirurgie des herrschenden Wirtschaftssystems, das alle Menschen auf eine einheitliche Norm zu bringen trachtet. Die Menschen sind in eben dem Maß frei, sich in Kunstwerken wiederzuerkennen, wie sie der allgemeinen Nivellierung widerstanden haben. Individuelle Erfahrung, wie sie das Kunstwerk verkörpert, ist nicht weniger gültig als die organisierte, welche die Gesellschaft zur Naturbeherrschung einsetzt. Obgleich ihr Kriterium allein in ihr selbst liegt, ist Kunst nicht weniger Erkenntnis als die Wissenschaft." (Horkheimer 1941, 313f.)

Das System der traditionellen Hochkultur hat indes als affirmative Kultur genau jene allgemeine Nivellierung und jene Schwächung des Subjekts befördert, die Kritische Theorie zu bekämpfen sucht. Das Widerstandspotential der Kunst im allgemeinen könne daher nicht mehr von den traditionellen Werken, sondern nur noch von denen einer neuen Kunst realisiert werden, die sich jeglicher affirmativen Tendenz, jeglicher Innerlichkeit und jeglichen Eskapismus genauso entledigt habe wie des verfehlten Rationalismus der Progressiven:

"Die Trauer und das Grauen, die von solchen Werken ausgehen, sind nicht identisch mit den Gefühlen jener, die sich aus rationalen Gründen von der Wirklichkeit abwenden oder sich gegen sie empören. Das Bewußtsein, welches hinter ihnen steht, sieht sich viel eher von der Gesellschaft, wie sie ist, abgeschnitten und zu grotesken, dissonantischen Ausdrucksformen gezwungen. Indem diese ungastlichen Werke dem Individuum die Treue halten gegen die Infamie des Bestehenden, bewahren sie den authentischen Gehalt früherer großer Kunst, sind sie Raffaels Madonnen und Mozarts Opern tiefer verwandt als alles, was heute deren Harmonie nachleiert, zu einer Zeit, da die glückliche Gebärde zur Maske des Wahnsinns wurde und die traurigen Gesichte des Wahnsinns zum einzigen Zeichen der Hoffnung." (Horkheimer 1941, 318f.)

Auch wenn diese Zeilen wie Auszüge aus einem Erlebnisbericht von einem Siouxsie & The Banshees-Konzert klingen, ist Horkheimers Bestimmung einer "neuen Kunst" äußerst restriktiv. Neue Kunst, oder, anders gesagt, die klassische ästhetische Avantgarde des letzten Jahrhunderts, vertreten durch Künstler wie James Joyce, Pablo Picasso oder Arnold Schönberg, bleibt für ihn weiterhin ein Teilbereich sogenannter ernster Kunst, die sich ausschließlich an das vereinzelte Individuum wende und zudem durch Kommunikationsverweigerung gekennzeichnet sei: "Was überhaupt an den jüngsten Kunstwerken noch Kommunikation ist, denunziert nur die herrschenden Formen von Kommunikation als Mittel der Destruktion und die Harmonie als Trugbild des Zerfalls." (Horkheimer 1941, 320) Abgesehen davon, daß eine "Kommunikationsverweigerung" durch ein Kunstwerk eine semiotische Unmöglichkeit darstellt, ist diese Bestimmung neuer Kunst durch eine Kette von blinden Flecken geprägt: Horkheimer wie auch Adorno können weder die Möglichkeit denken, daß die neue Kunst sich nicht an ein gegebenes Individuum in einer gegebenen Gesellschaft wendet, sondern an ein virtuelles neues Volk, das sie ruft und herbeisehnt - das "katzenhafte Volk" zum Beispiel, von dem Louis Aragon geträumt hat -, noch die Möglichkeit, daß die gleiche Funktion auch von Werken der populären Kunst erfüllt werden kann: "Es ist nicht sicher, ob die Klangmoleküle der Popmusik nicht doch hier oder da, hier und heute, ein Volk neuer Art ausschwärmen lassen, dem Radiobefehle, Computerkontrollen und die atomare Bedrohung völlig gleichgültig sind." (Deleuze/Guattari 1992, 472) Ebenfalls kann sich Kritische Theorie keine Konstellation vorstellen, in der eine wechselseitige Beeinflussung oder gar Verbindung von avantgardistischer und populärer Kunst jenseits ihrer industriellen Zwangssynthese stattfinden könnte: eine Beeinflussung avantgardistischer durch populäre Kunst (wie beispielsweise im Surrealismus) wird von ihr in jedem Fall als Verrat an den Intentionen "ernster" Kunst, eine Beeinflussung populärer durch avantgardistische Kunst (wie, um ein Adorno noch bekanntes Beispiel zu nennen, bei den Beatles) wird von ihr in jedem Fall als "gesunkenes Kulturgut" bewertet.
Diese hochkulturelle Hermetik, die an der Kultur der Plebs zwar ihr Widerstandsmoment bewundert, sie ansonsten aber als bloße Unterhaltung bagatellisiert und sie daher nicht in ihren Kunstbegriff integrieren kann, ist der eine Grund, warum es der soziologischen und ästhetischen Sensibilität Horkheimers und Adornos offenbar entgangen ist, daß die von ihnen als monolithisch perspektivierte Kulturindustrie sich im musikalischen Bereich kurz vor der Abfassung des Kulturindustriekapitels der Dialektik der Aufklärung in zwei antagonistische Lager gespalten hatte. Was sie als Musik der Kulturindustrie beschreiben - die sogenannte Broadway/Hollywood-Achse der populären Musik, repräsentiert durch die American Society of Composers, Authors, and Publishers (ASCAP) - stellt deshalb nur die eine Hälfte des damaligen massenkulturellen musikalischen Geschehens in den Vereinigten Staaten dar. Die von der Kritischen Theorie übersehene zweite Hälfte besteht in den von der ASCAP routinemäßig ausgegrenzten Vertretern des (weißen und schwarzen) popularen Kunstfeldes, die im Jahre 1941 in einer Konkurrenzorganisation zur ASCAP - der Broadcast Music Inc. (BMI) - organisiert wurden, die den Urheberrechtsschutz auf bluesmen und hillbillies ausdehnte und dem monopolistischen Einfluß der ASCAP auf die Entwicklung des musikalischen Geschmacks offen entgegentrat. Mit der Gründung der BMI beginnt indessen nicht nur die Geschichte des Kampfes zwischen Majors und Independents, sondern, weit folgenreicher, der Einbruch des popularen Kunstfelds in das Terrain der industriellen Massenkultur selbst, deren erster Höhepunkt der Rock'n'Roll darstellen sollte.
Der zweite Grund für diese Blindheit gegenüber diesen Kämpfen auf dem musikalischen Sektor liegt in der einer Kritischen Theorie der Gesellschaft völlig unangemessenen Verachtung, die Adorno in den 30er Jahren jeglicher schwarzen Popularkultur entgegengebracht hat. Im Jazzaufsatz von 1936/37 äußert sich Adorno, wenn es um die schwarzen Wurzeln des Jazz geht, deutlich genug: "Soweit bei den Anfängen des Jazz, beim Ragtime vielleicht, von Negerelementen die Rede sein kann, dürfte es weniger um archaisch-primitive Äußerungen als um die Musik von Sklaven sich handeln; selbst in der autochthonen Musik von Innerafrika scheint die Synkope bei durchgehaltener Zählzeit durchaus nur der niederen Schicht zugehörig. Psychologisch mag die Struktur des Ur-Jazz am ehesten an die des Vor-sich-hin-Singens der Dienstmädchen gemahnen. Die Society hat ihre Vitalmusik, wofern sie sie nicht von Anfang an nach Maß herstellen ließ, nicht von Wilden, sondern von domestizierten Leibeigenen bezogen. Damit könnten dann freilich die sadistisch-masochistischen Züge des Jazz recht wohl zusammenhängen." (Adorno 1937, 83) Nicht die Tatsache, daß Adorno, schlimm genug, den Nachkommen der Sklaven und ihrer Kultur, zu der der Jazz ja eigentlich gehört, jegliche Fortentwicklung von den Prägungen der Sklaverei abspricht, macht dabei das eigentlich Skandalöse an dieser Pointe über den Ursprung des Jazz aus, sondern die argumentative Konstellation, in der sie auftaucht: den Exotismus der Jazzenthusiasten, gegen die der gesamte Jazzaufsatz gerichtet ist, kann Adorno offenbar nur mit dem Rückgriff auf das kulturrassistische Stereotyp kritisieren, daß Entwurzelte zu keiner besonderen Kulturleistung fähig seien.16 Daß es sich bei dieser Äußerung nicht um einen isolierten Ausrutscher Adornos handelt, zeigt sich an anderen Stellen des gleichen Aufsatzes: so gelten ihm unterdrückte Völker als besonders prädestiniert für den Jazz (Adorno 1937, 99); und der Umstand, daß "der Farbige Duke Ellington" als seine Lieblingskomponisten Debussy und Delius nennt, wird faktisch als Indiz für die Verfallstendenzen impressionistischer Musik in Richtung Salonmusik und Jazz angeführt (Adorno 1937, 90-91).
Ohne diese zutiefst europäische Haltung gegenüber allem, was nicht der eigenen hochkulturellen Tradition entspricht, hätte Kritische Theorie schon im Jahre 1944 ein Konzept von populärer Kultur entwickeln können, das mehr gewesen wäre als die in der Dialektik der Aufklärung und den ihr nachfolgenden Aufsätzen tatsächlich realisierte ohnmächtige Verfallserzählung, die sich selbst wie auch die von ihr propagierte Neue Kunst als eine an vereinzelte Individuen adressierte Flaschenpost begriff. Sie hätte ihrem eigenen ursprünglichen Anspruch gemäß die Kämpfe realer Bewegungen auch auf diesem Feld solidarisch begleiten können, anstatt die immer etwas komische Rolle einer von den realen geschichtlichen Verläufen enttäuschten normativen Theorie einzunehmen; sie hätte nach ihrer Rückkehr in die Bundesrepublik Deutschland nicht nur die Werke der Neuen Kunst, sondern mit guten Gründen auch die durch den Bruch von 1941 massenwirksam gewordenen Formen der amerikanischen Popularmusik verteidigen können, die, Ironie der Geschichte, von den hiesigen Verwaltern des abendländischen Kulturerbes im Gegensatz zu Adorno neben der Neuen Kunst durchaus zielsicher als zweite Bedrohung ihres eigenen affirmativen Kulturprojekts identifiziert worden sind. Kurz gesagt hätte sie lange vor Deleuze/Guattari die erste Philosophie des Pop sein können. Denn das Kulturindustriekapitel der Dialektik der Aufklärung - einschließlich seiner unveröffentlichen Fortsetzung - enthält selbst in der gegebenen Fassung Kriterien, deren konsequente Anwendung zu einer in ästhetischer und politischer Hinsicht positiven Deutung der auf dem Terrain der industriellen Massenkultur erscheinenden popularen Gegenbesetzungen über die bloße Anerkennung ihres Widerstandspotentials hinaus hätte führen müssen. Kulturindustrielle Produktion ist nach Horkheimer und Adorno nämlich nicht nur deshalb disziplinär, weil sie auf der ideologischen Ebene die Individuen zu vorgenormten Verhaltensweisen und Denkstereotypen zwingt; sie ist es auch deshalb, weil ihr eigentliches ästhethisches Ziel die Erziehung der Individuen von der bloßen Unterhaltungskunst weg zum "gehobenen Geschmack" und damit der unerbittliche Zwang zur Vergeistigung und zur Arbeit am Sinn selbst bei den harmlosesten Vergnügen ist. Sie erschöpft sich daher nicht einfach in der Zurichtung und Banalisierung traditioneller Kultur für den Massenkonsum. Ihre Kehrseite ist die gleichzeitige Transformation des Amusements in eine Art Initiationsritus in das Wertesystem der affirmativen Kultur: "[Das Amusement wird] durch den immerwährenden Umgang mit dem verschacherten Geist solange gehoben, bis es in Pflichtübungen zur Kenntnisnahme von Kulturwerten ausartet. Die Differenz zwischen der "seriösen" und der leichten Produktion wird entweder abgeschliffen oder organisiert und damit in der großen Totalität aufgehoben. [...] Es gibt keinen Kitsch mehr und keine intransigente Moderne." (Adorno 1942, 305f.). Und: "Nicht also daß die Kulturindustrie Amusement aufwartet, macht den Betrug aus, sondern daß sie durch geschäftstüchtige Befangenheit in den ideologischen Clichés der sich selbst liquidierenden Kultur den Spaß verdirbt." (DA, 151) Der "harte Kern" kulturindustrieller Produktion besteht demnach nicht in Zerstreuungsformen wie etwa Tanzmusik oder den Funnies, sondern in Benny Goodman mit dem Budapester Streichquartett, in den Schlagern George Gershwins oder in dem nicht einfach mehr bloße Unterhaltung bietenden, sondern im Gegenteil gespannte Aufmerksamkeit und prompte Reaktion auf jedwedes Stimulans erheischenden, d. h. eine andauernde Testsituation darstellenden Hollywoodfilm (DA, 144-147). Alle puristischen Gegenbewegungen auf dem massenmusikalischen Gebiet, ob Rock'n'Roll, Underground, Punk oder Neue Deutsche Welle, haben in Reaktion auf die leerlaufende Virtuosität und den Kunstanspruch der jeweiligen saturierten Dominanzform populärer Musik sich nun einerseits konsequenterweise als bewußt primitive Musikformen verstanden, die in dieser Primitivität jeweils die "ursprünglichen" - unterhaltenden wie subversiven - Intentionen des popularen Musikfeldes wiederherzustellen suchten. Sie haben auf diese Weise einen Einschnitt produziert, von dem aus neue Formen populärer Musik erst möglich geworden sind; ihre Strategie entspricht dabei haargenau jener, nach der, Adorno folgend, die Neue Kunst sich ins Leben gerufen hat: "Verdinglichte Technik zieht zuweilen Korrektive herbei, die dem "Wilden", Barbarischen, technisch Primitiven, Kunstfeindlichen sich nähern. Was prägnant neue Kunst heißt, wurde von diesem Impuls herausgeschleudert [...]." (Adorno 1973a, 320) Sie haben weiterhin diejenigen Formen des Kitsches, die den innerkulturindustriellen Säuberungsmaßnahmen zum Opfer fielen, nicht als sinnentleerten Abfall begriffen, sondern - von den Mothers of Invention bis hin zur Neuen Deutschen Welle - in ihre Strategien integriert, um auf diese Weise die ideologischen Superzeichen der hegemonialen Massenkultur dekonstruieren zu können. Sie haben schließlich Formen dargestellt, die - vom Blues bis zum Punk - die Artikulation kollektiver - und nicht bloß allein "allgemein menschlicher" - Leidenserfahrungen ermöglicht haben. Alles in allem haben sie zur etablierten Massenkultur in demselben Oppositionsverhältnis gestanden wie die Neue Kunst zum System der affirmativen Kultur; sie haben sowohl in ästhetischer wie auch in ideologischer Hinsicht deren strukturelles Äquivalent auf dem Gebiet der industriellen Massenmusik dargestellt. Ein strukturelles Äquivalent allerdings, daß sich nicht in der Einführung neuer "Stilrichtungen" erschöpfte, sondern durch seine Gegnerschaft zur etablierten Massenkultur immer auch ein Politikum dargestellt hat. So ist schon in den 50er Jahren der Rock'n'Roll aufgrund seiner Hybridität und seiner Gegnerschaft zum offiziellen Popentertainment - und weniger aufgrund seiner expliziten Inhalte - zum politischen Angriffsziel des hegemonialen Blocks aus Staat, offizieller Massenkultur und der Moral Majority in Amerika geworden:

"Während des Aufstiegs des Rock'n'Roll führte eine weitgehende Interessenallianz zwischen ASCAP, den wichtigsten Plattenfirmen und der US-Regierung zu einer lang andauernden Schlacht um "gute Musik". Für die ASCAP war der Angriff auf den Rock'n'Roll nichts weiter als eine Weiterführung ihrer fortgesetzten Bemühungen, den Konkurrenten BMI aus dem Geschäft zu verdrängen, denn der Hauptanteil der Rock'n'Roll-Songs war von BMI-Autoren geschrieben worden. Für die Major-Labels war dieser Kampf ein Versuch, die Expansion der Independents aufzuhalten. Zwar stellten die Independents nie wirklich eine substantielle ökonomische Bedrohung für sie dar, jedoch lieferten sie im Jahre 1956 zehn der neunzehn Rock'n'Roll-Platten, die in den Top Ten dieses Jahres vertreten waren. Abgesehen davon hatten die Majors ästhetische Aversionen gegen eine Musik, von der sie nicht wußten, wie man sie produziert. Für konservative Abgeordnete, die sich ins Fahrwasser von Leuten wie Frank Sinatra, Bing Crosby, Steve Allen, Ira Gershwin und Oscar Hammerstein begaben, bedeutete die Verurteilung einer Musik, die weithin als unmoralisch und subversiv galt, zudem auch noch schwarz war, eine sichere Bank, um schnell einprägsame Schlagzeilen abzufassen. Zur Zielscheibe wurden die Radio-DJs, als der Rock'n'Roll zu einem politischen Spielball in einem im wesentlichen ökonomischen Krieg mit deutlichen moralischen, ästhetischen und rassischen (d. h. ideologischen) Zwischentönen geworden war." (Garofalo 1994, 22f.)

Ob aus Unkenntnis dieser Auseinandersetzungen oder aus Desinteresse an ihnen: der Rock'n'Roll und dessen Derivate sind jedenfalls für Adorno niemals etwas anderes gewesen als die aktuellsten Produkte der kulturindustriellen Barbarei und des kulturindustriellen Profitinteresses (Adorno 1973a, 473). Auch die Science Fiction galt ihm trotz des in den 60er Jahren ausgebrochenen Kampfes der an den Werken der literarischen Moderne geschulten Protagonisten der New Wave (u. a. Michael Moorcock, J. G. Ballard, Harlan Ellison, Samuel R. Delany) gegen die Vorherrschaft der in den Stereotypen des Genres befangenen Traditionalisten als eine immer-nur "unterkünstlerische" Gattung (Adorno 1973a, 129). Dogmatisch-realitätsferne Äußerungen wie diese hat die Adorno beerbende Massenkulturkritik der 70er Jahre für das letzte mögliche Wort in Sachen populärer Kultur gehalten. Sie hat daher das Diktum der Ästhetischen Theorie, daß "heute [...] alles, was als leichte Kunst firmiert, zu verwerfen [ist]" (Adorno 1973a, 357), zum Ausgangsprinzip ihrer eigenen Wissenschaftsprojekte gemacht. Für diese unkritische Abhängigkeit vom späten Adorno hat sie einen hohen Preis bezahlt: wissenschaftlich gesehen mit ihrem tendenziellen Veralten angesichts der rapide fortschreitenden Entwicklungstendenzen innerhalb der populären Genres, die sie mit dem dogmatisch-popkritischen Rahmen der Ästhetischen Theorie nicht mehr adäquat zu erfassen vermochte; politisch gesehen mit ihrer Bündnisunfähigkeit, da sie selbst derjenigen Bewegung, deren Programmatik am ehesten der Zivilisations- und Medienkritik der eigenen Tradition entsprach - dem Punk17 -, nicht anders zu begegnen wußte als mit dem Vorwurf der Trivialität und dem zu ihrer Zeit routinemäßig auf alles Verstörende angewandten Faschismusverdacht. Ihr eigener ökonomistischer Reduktionismus hat es ihr weiterhin nicht erlaubt, den Status der im engeren Sinne ökonomischen Argumentation Adornos in der Ästhetischen Theorie - der Kritik der Ware und ihres Fetischcharakters - und ihre Validität für eine Kritik populärer Kultur realistisch einschätzen zu können: diese stellt nicht etwa eine Art Grundriß für eine Politische Ökonomie der Massenkultur dar, sondern vielmehr eine relativ vorgeschobene Argumentationslinie, die wie in den beiden vorhergehenden Phasen des Kulturindustrie-Theorems zudem durch reine Assoziationen und Analogiebildungen erkauft worden ist. Das eigentliche Argument Adornos gegen die Möglichkeit einer Evolution innerhalb der populären Genres ist nämlich hier kein ökonomisches, sondern ein technologiekritisches. Es sind die Bedingungen industrieller Massenproduktion, die, dem späten Adorno zufolge, den Einbruch des Neuen in die populären Genres per se verhindern würden: "Die industriellen Techniken jedoch, Wiederholung identischer Rhythmen und wiederholte Hervorbringung von Identischem nach einem Muster, enthalten zugleich ein dem Neuen konträres Prinzip." (Adorno 1973a, 405) Die repetitiven und iterativen Strukturen industriell produzierter Massenkultur sind daher für Adorno das genaue Gegenteil von "autonomer Kunst": sie stellen für ihn nur die ästhetische Seite des allgemeinen Rückfalls der Aufklärung in das Immergleiche des Mythos dar (DA, 18). Überhaupt ständen Kunst und Technik in einem antinomischen Verhältnis zueinander; Kunst, die Technik fetischisiere, höre auf, Kunst zu sein. (Adorno 1973a, 323f.). Von diesem Apriorismus her wird nicht nur Adornos Indifferenz gegenüber allen Ereignissen auf der massenkulturellen Bühne verstehbar, sondern auch sein in der Ästhetischen Theorie artikuliertes, äußerst selektives Verhältnis zu dem akkumulierten Innovationspotential der ästhetischen Avantgarden des letzten Jahrhunderts. Ist schon sein Verhältnis zu den ihm eigentlich zu popnahen Bewegungen des Dadaismus und des Surrealismus ein äußerst zwiespältiges gewesen, so hat Adorno aufgrund des obigen Fetischverdachts außer der Dichtung Samuel Becketts und der elektronischen Musik Karlheinz Stockhausens keine neue Kunstrichtung nach dem zweiten Weltkrieg mehr positiv rezipiert. Werden diese Kunstrichtungen - wie beispielsweise die serielle Musik - im Argumentationsgang der Ästhetischen Theorie erwähnt, dann nur zu Zwecken der Abgrenzung. Symptomatischer als dies ist jedoch der Umstand, daß ausgerechnet die Pop Art in der Ästhetischen Theorie überhaupt keine - noch nicht einmal negative - Erwähnung findet, d. h. exakt diejenige Kunstrichtung, deren explizite Strategie gerade darin bestanden hat, die repetitiven und iterativen Strukturen der modernen Massenkultur zum Ausgangsmaterial der eigenen Kunstproduktion zu machen. Sie stellt nämlich eine von Adornos eigenem Ansatz nicht mehr zu bewältigende "postmoderne" Infragestellung der klassischen Dichotomien von Originalität und Schema, Kunst und industrieller Produktion, hoher und niedriger Kunst usw. dar. Diese Strategie ist zudem nicht nur im Bereich der sogenannten "ernsten Kunst" angewendet worden, sondern bekanntlich auch auf dem Gebiet der Massenkultur. Die folgende Programmatik einer Popkunst von Gilles Deleuze ist daher nicht nur als Reflexion über die Malerei der Pop Art (Andy Warhol), den Nouveau Roman (Michel Butor) und die mit ihm verbundenen Filmprojekte (Alain Robbe-Grillet) zu verstehen, sondern auch als theoretische Vorwegnahme u. a. der Musik von Kraftwerk, Laibach und Station 17:

"Die Kunst ahmt nicht nach, ahmt aber vor allem deswegen nicht nach, weil sie wiederholt und aufgrund einer inneren Macht alle Wiederholungen wiederholt [...]. Noch die mechanischste, alltäglichste, gewöhnlichste und völlig stereotype Wiederholung findet ihren Platz im Kunstwerk und wird dabei stets im Verhältnis zu anderen Wiederholungen verschoben, und zwar unter der Bedingung, daß man ihr eine Differenz für diese anderen Wiederholungen abzulocken vermag. Denn das einzige ästhetische Problem besteht darin, die Kunst ins tägliche Leben eindringen zu lassen. Je mehr unser tägliches Leben standardisiert, stereotyp und einer immer schnelleren Reproduktion von Konsumgegenständen unterworfen erscheint, desto mehr muß die Kunst ihm sich verpflichten und jene kleine Differenz entreißen, die überdies und zur gleichen Zeit zwischen anderen Ebenen der Wiederholung wirksam ist [...]; sie muß im Konsum ein hebephrenes Klappern der Kiefer und in den abscheulichsten Zerstörungen des Krieges noch Prozesse der Konsumtion entdecken, sie muß die Illusionen und Mystifikationen, die das wahre Wesen dieser Zivilisation ausmachen, ästhetisch reproduzieren, damit die Differenz schließlich zum Ausdruck gelangt, mit einer im Zorn selbst repetitiven Kraft, die die fremdartigste Selektion herbeizuführen vermag, und wäre es nur eine Kontraktion hier und da, d. h. eine Freiheit zum Ende einer Welt." (Deleuze 1992, 364f.)

Zusammenfassend gesagt muß der Versuch der Kritischen Theorie, das Widerstandspotential der modernen Kunst gegenüber den autoritären Tendenzen in der demokratischen Massengesellschaft mittels ihrer eigenen (theoretischen) Praxis der eingreifenden Kritik zu stabilisieren oder gar zu verstärken, als ein völlig kontraproduktives Unternehmen bewertet werden. Und dies nicht nur aufgrund ihrer völligen Uninformiertheit hinsichtlich der Entwicklungen auf dem Gebiet der populären Kultur seit den 50er Jahren oder ihrer Unfähigkeit, die von der Pop Art ausgehende radikale Infragestellung der eingeschliffenen Sichtweisen der modernen Ästhetik theoretisch einholen zu können; aufgrund blinder Flecken in ihrer Kunstauffassung also, die einen konstruktiven Eingriff in die jeweiligen Kunstfelder verhindert haben, was letztendlich zu einer Schwächung ihrer Widerstandspotentiale geführt hat. Ein weiterer schwächender Faktor ist nämlich paradoxerweise Adornos eigener Kampf für die Anerkennung der Neuen Kunst gewesen. Da er keine soziale Konstellation benennen konnte, in der ihre innovativen und subversiven Impulse hätten voll entfaltet werden können, ist das einzige nennenswerte Ergebnis seines Eintretens für die Neue Kunst ihre Aufnahme in den hochkulturellen Kanon gewesen - allerdings zum Preis ihrer vollständigen Neutralisierung. Im Zeitalter ihrer völligen Musealisierung können ihre Impulse daher heutzutage ironischerweise nur, Kodwo Eshun zufolge, durch Aneignungsstrategien im avancierten Pop bewahrt werden: "Pop rettet den Nichtpop immer wieder retroaktiv [...]. Skratchadelia entlassen die Avantgarde aus ihren zitatwütigen Gefängniszellen, indem sie ihre sanktionierenden Institutionen verflüssigen." (Eshun 1999, 21) Es ist dieses Ausbleiben einer lebensfähigen (hochkulturellen) Alternative zu der als bloßes kommerzielles Tricksystem aufgefaßten populären Massenkultur, das die heutige Fetischkritik in den Kulturkonservativismus, ja sogar Kulturpessimismus getrieben hat. Obwohl Adorno der Stichwortgeber auch für diese Position gewesen ist, hat er im Unterschied zu seinen Anhängern deren Reaktivität dennoch geahnt: "Vielleicht steht es an, zu Kunst heute, kantisch, als zu einem Gegebenen sich zu verhalten; wer für sie plädierte, macht bereits Ideologien und sie selbst zu einer. Anzuknüpfen vermag allenfalls der Gedanke daran, daß etwas in der Realität jenseits des Schleiers, den das Zusammenspiel von Institutionen und falschem Bedürfnis webt, objektiv nach Kunst verlangt; nach einer, die für das spricht, was der Schleier zudeckt." (Adorno 1973a, 35) Gewiß ist es berechtigt, jede Erscheinung der populären Kultur, die an dieser Verschleierung von Leiden teilhat, kompromißlos zu verwerfen - und damit durchaus einen großen Teil der derzeitigen massenkulturellen Produktion. Der Versuch der adornitisch gestimmten Kulturlinken jedoch, der schlechten Totalität der Massenkultur mit dem mehr oder weniger verzweifelten Rückgriff auf eine traditionelle Hochkultur zu begegnen, der ja nicht nur die ökonomischen Grundlagen, sondern auch größtenteils ihr kritischer Charakter abhanden gekommen ist, kann heutzutage nur noch als eine völlig restaurative Position betrachtet werden, die all das unterschlägt, was Horkheimer, Adorno und Marcuse zu einer grundsätzlichen Kritik der bürgerlichen Kultur beigetragen haben. Nicht zufälligerweise sind die eigentlichen Gegner dieser linken Zeitgeistkritik daher nicht mehr, wie noch bei Adorno, die staatstragenden Kanonisierer und Kulturverwalter, sondern kritisch-diagnostische Konkurrenzprojekte wie beispielsweise der Poststrukturalismus oder die Cultural Studies: nicht nur, weil deren Umgang mit dem Phänomen Pop der eigenen verbissenen Ablehnungshaltung nicht entspricht, sondern vor allem, weil diese den eigenen unkritischen, im übrigen eher auf Lukács denn auf Adorno zurückgehenden Kulturbegriff nicht teilen. Wer nämlich die traditionelle Hochkultur als Gegenpol zur "Verdinglichung" verherrlicht, möchte nicht über die inhärenten Beziehungen unterrichtet werden, die diesen Kulturtyp mit Nationalismus, Androzentrismus, Rassismus und Antisemitismus verbinden. Dieses selektive Verhältnis zur eigenen Theorietradition und die prinzipielle Unfähigkeit zum Dialog mit konkurrierenden Ansätzen ziehen jedoch Effekte nach sich, die den eigenen gesellschaftskritischen Intentionen völlig zuwiderlaufen. Einer davon ist der Gebrauchswert einer derart neoromantisch zugerichteten Kritischen Theorie für die aktuellsten Projekte der Herrschaft. Sie ist nämlich mehr als jede andere Kulturtheorie dazu geeignet, als Legitimationserzählung für das von rechts bis links geplante Vorhaben verwendet zu werden, unter dem Schlagwort der "deutschen Leitkultur" die ideologischen und disziplinären Funktionen der traditionellen Hochkultur wiederherzustellen und Kultur insgesamt nationalistisch zu reterritorialisieren. Drei Jahrzehnte nach Adornos Tod schlägt Kritische objektiv in affirmative Theorie um. Dies hat sie nicht zuletzt ihren Anhängern zu verdanken.

 
 
Anmerkungen

1 Eine Gegenüberstellung von Kritischer Theorie und französischem Situationismus aus fetischkritischer Sicht findet sich beispielsweise in Grigat (2001).
2 So charakterisieren Horkheimer und Adorno in ihrer Selbstanzeige anläßlich der Erstpublikation der Dialektik der Aufklärung (d. h. der Institutspublikation von 1944) die dort versammelten Untersuchungen als Fragmente eines philosophischen work in progress, "which probe hitherto unexplored regions of thought" (zit. nach Wiggershaus 1986, 364). Vgl. weiterhin auch die diesbezügliche Warnung in der Vorrede von 1944 zur Dialektik der Aufklärung: "Mehr noch als die anderen Abschnitte ist der über Kulturindustrie fragmentarisch" (DA, 6).
3 Vergleiche dieser Art ziehen sowohl Habermas (1986, 138) als auch Wiggershaus (1986, 366).
4 Vgl. die grundsätzliche Absetzung von der "oppositionellen Begriffssprache" in DA, 2.
5 Dem Kulturindustrie-Theorem werden, mit älteren Leseprotokollen mehr oder weniger übereinstimmend, neben dem einschlägigen Kapitel aus der Dialektik der Aufklärung hier folgende Texte der Kritischen Theorie zugerechnet: Adorno (1937); Adorno (1938); Adorno (1942); Adorno (1963); Adorno (1973a, 32-35); Adorno/Simpson (1941); Horkheimer (1941) sowie die in engem Zusammenhang mit ihm stehende Kritik der affirmativen Kultur in Marcuse (1937). Abweichend von älteren Leseprotokollen wurden jedoch in den zu besprechenden Textkorpus zwei weitere, mehr oder weniger "vergessene" Beiträge aufgenommen, bei denen es sich ausgerechnet um diejenigen missing links handelt, über die die regionale Analyse populärer Massenkultur mit der sie steuernden Metaerzählung systematisch in Beziehung gesetzt werden kann: Adorno (1954) stellt dabei die ideologietheoretische Fundierung des Kulturindustrie-Theorems dar, Horkheimer (1942) seine Einbettung in die Vernunft- und Herrschaftskritik der Kritischen Theorie; beide machen auch die internen Beziehungen besser sichtbar, die zwischen dem Kulturindustriekapitel, dem I. Kapitel, dem II. Exkurs und der VII. Antisemitismusthese der Dialektik der Aufklärung bestehen. Keine nennenswerte Berücksichtigung fanden dagegen die Ästhetischen Exkurse der Kritischen Theorie, d. h. die im engeren Sinne kunsttheoretischen und -kritischen Schriften Adornos: einerseits hätte eine Einbeziehung dieser Texte den bewußt eng gesetzten Rahmen dieser Arbeit gesprengt; zum anderen muß der Verfasser aber auch gestehen, daß es ihn nicht wirklich interessiert, warum Adorno Strawinsky für totalitär, Schönberg aber für die Revolution in der "ernsten Musik" gehalten hat, oder warum er sich so merkwürdig sicher darüber war, daß das Endspiel auf die Katastrophen des XX. Jahrhunderts und die atomare Apokalypse anspiele (Adorno 1961, 286, 290), anstatt es einfach als ein "Spiel" zu verstehen. Wie Samuel Beckett einmal gesagt hat: für solches ernstes Zeug gibt es Universitäten, Kirchen, Cafés du Commerce usw.
6 Vgl. Adorno 1937, 82: "Wie die Realität, in der ein Schlager erklingt, keine planvoll geordnete ist; wie Ort und Stunde mehr über das Schicksal eines Gebildes zu entscheiden vermögen als sein eigenes Verdienst, so ist planlos das Bewußtsein derer, die ihn rezipieren, und die Irrationalität vorab die der Hörer."
7 Zu der dieser Rückführung zugrundeliegenden These Adornos, daß im Zeitalter moderner Massenproduktion der Genuß sich nicht mehr an den Gebrauchswert, sondern an den Tauschwert einer Ware hefte, siehe Abschnitt III dieses Textes.
8 Daß Bürger nicht gewillt ist, sich über die oben zitierte Montage Adornoscher Thesen über populäre Kultur hinaus auf diesen Gegenstand einzulassen, zeigt das etwas eigenartige Belegverfahren, das an dieser Stelle zur Anwendung kommt. Bürger begründet seine Argumentation nämlich nicht etwa, wie man erwarten könnte, mit den Ergebnissen eigener oder fremder Untersuchungen über zeitgenössische populäre Kultur, sondern ausschließlich mit einem Verweis auf Adorno (1938) (Fußnote 23) und einem mit "bekanntlich" eingeleiteten Verweis auf die Verfahren zur Herstellung von Trivialliteratur (Fußnote 22). Im Vergleich dazu stellt die Massenkulturkritik von Horkheimer und Adorno ein geradezu empiristisch zu nennendes Untersuchungsprogramm dar.
9 Vgl. Adorno 1937, 85 und Adorno 1938, 34.
10 Das Verhältnis zwischen Reklame und Regression wird nämlich in seinen wesentlichen Zügen von Adorno (1938) in bloßer Analogie zu einer sich als eine politische Parole ausgebenden englischen Bierreklame konstruiert. In dem Werbespruch What we want is Watney's glaubt Adorno einen Mechanismus entziffern zu können, der auch die Konsumtion massenkultureller Produkte steuere: "Die Verhaltensweise, die das Plakat suggerierte: daß Massen eine ihnen empfohlene Ware zum Gegenstand ihrer eigenen Aktion machen, findet sich in der Tat als Schema der Rezeption leichter Musik wieder. Sie brauchen und verlangen das, was ihnen aufgeschwatzt wird. Das Gefühl der Ohnmacht, das sie im Angesicht der monopolistischen Produktion beschleicht, bewältigen sie, indem sie sich mit dem unausweichlichen Produkt identifizieren" (Adorno 1938, 30). Diese Analogiebildung mag vielleicht, wie Adorno glaubt, die Angleichung von Reklame und politischer Propaganda demonstrieren können; aus ihr kann aber nicht zwingend auf die erfolgreiche Wirksamkeit des propagandistischen Mechanismus geschlossen werden. Diese wird von Adorno von vornherein mit den Begriffen "monopolistische Produktion", "Terror" und "Ohnmacht" auch für den Fall der Massenkultur demokratischer Gesellschaften unterstellt. Anders gesagt handelt es sich auch bei dieser These um eine extrapolative im Sinne des Eingangs B.
11 Die Brauchbarkeit der Kategorien "Gebrauchswert" und "Tauschwert" für eine Theorie der Rezeption von Kunst im Zeitalter der Massenkultur ist schon von Hans Mayer (1938, 377ff.) bestritten worden, der Adornos Anwendung dieser Kategorien auf die musikalische Sphäre als bloße Analogiebildungen begreift. Vgl. zu diesem Problem auch die Rekonstruktion der Adorno-Mayer-Kontroverse in Ette (1998), dessen terminologischer Änderungsvorschlag in eine ähnliche Richtung geht wie der oben präsentierte: "Wenn Adorno nämlich die Übertragung der Gebrauchswertfunktion der zum Kulturgut erstarrten Kunst auf den als Geldpreis realisierten Tauschwert am Beispiel des Konzertbesuchers illustriert, der eigentlich sein Geld "anbetet", anstatt das Konzert zu genießen, so ist diese Veneration dem üblichen Waren- oder Geldfetischismus nicht gleichzusetzen. Sie meint vielmehr die Übertragung des von Benjamin so genannten Kultwerts der Kunst auf die Geldware, die ihr Äquivalent bilden soll: ein Vorgang, der bei einem gewöhnlichen Kauf nicht stattfindet" (Ette 1998, 433).
12 Vgl. Horkheimer 1939, 401, 404. Diesem Text lag eine Replik Adornos auf Mayer (1938) zugrunde, die Horkheimer praktisch unverändert übernahm und lediglich in die verbindlichere Form eines persönlichen Anschreibens kleidete. Auch wenn in ihm gegenüber Mayer von einem "gemeinsamen Standpunkt von Wiesengrund und mir" (Horkheimer 1939, 400) die Rede ist, spiegelt dieser Brief die sehr spezifische Position Adornos in der im Institut geführten Diskussion über die Grundlagen einer materialistischen Kulturtheorie wider und sollte daher nicht, wie dies Ette (1998) nahelegt, als repräsentativ für die Institutsposition jener Jahre verstanden werden.
13 Vgl. beispielsweise Adorno 1938, 43: "Sehr leicht klingt alle Musik heute so wie für Nietzsches Ohren der Parsifal. Sie mahnt an unverständliche Riten und überlebende Masken aus der Vorzeit, sie provoziert als Brimborium." Die im Fetischismusaufsatz noch eher randständige Kritik an den Neutralisierungseffekten der Kanonisierung von Kunstwerken, die Adorno dort zudem konstant mit dem Regressionsthema vermischt, verschärft sich im Kulturindustriekapitel der Dialektik der Aufklärung zu einer Kritik an allen Formen offizieller Kultur als Vorbedingung der industriellen Zurichtung der Werke: "Die ästhetische Barbarei heute vollendet, was den geistigen Gebilden droht, seitdem man sie als Kultur zusammengebracht und neutralisiert hat. [...] Der Generalnenner Kultur enthält virtuell bereits die Erfassung, Katalogisierung, Klassifizierung, welche die Kultur ins Reich der Administration hineinnimmt" (DA, 139).
14 Vgl. Vološinov 1975, 153: "In jeder Epoche seiner historischen Existenz muß das Werk eine enge Verbindung mit der wechselnden Ideologie des Alltagslebens eingehen, sie in sich eindringen lassen und sich mit ihren neuen Säften vollsaugen. Nur in dem Maße, wie das Werk imstande ist, eine solche unlösbare organische Verbindung mit der Alltagsideologie der jeweiligen Epoche einzugehen, ist es innerhalb dieser Epoche auch lebensfähig [...]. Außerhalb dieser Verbindung hört es auf zu existieren, denn es wird nicht mehr als ideologisch relevant erlebt."
15 Das in Abschnitt III dieses Textes über den Fetischismusaufsatz Gesagte gilt gleichermaßen für den Jazzaufsatz von 1936/37. Auch dieser ist durch eine Übertragung von außermusikalischen Begriffen auf die musikalische Sphäre gekennzeichnet, die dort reine Analogiebildungen darstellen und deren Zusammenhalt auf bloßer metonymischer Assoziation beruht. Im Gegensatz zum Fetischismusaufsatz entstammen diese Begriffe aber nicht der Politischen Ökonomie, sondern der Psychoanalyse in ihrer orthodoxesten Form. Der rigide Einsatz psychoanalytischer Interpretationsmuster entwertet dabei auch die produktiven Thesen des Aufsatzes wie die von der Androgynität des Jazz, die sich für Adorno in der gegenseitigen Annäherung von Jazzinstrumenten und menschlicher Stimme im Klang zeigt. Diese Androgynität, obgleich als sozial nicht konformierendes Moment des Jazz eingeführt, gilt ihm nämlich in Wirklichkeit nur als ein Symptom für die den Sexus verstümmelnde gesellschaftliche Integrationsfunktion des Jazz und als potentielle Grundlage eines faschistischen Männerbundwesens: "Die Verstümmelung des genital zentrierten Subjekts, als deren ritualer Vollzug Jazz einsteht, gibt im Augenblick der Regression die Partialtriebe frei. Sie werden freilich durch die falsche Integration sogleich verdrängt und damit erst - in ihrer sozialen Konfiguration - verderblich; die Homosexualität zum verschworenen Kollektiv, Sadismus zum Terror." (Adorno 1937, 106). Die von Adorno angeführten Belege für diese mit seiner Warenförmigkeit einhergehenden Fähigkeit des Jazz zur sexuellen Verstümmelung sind obendrein allesamt assoziativisch zurechtkonstruiert: aufgesperrte Flügeldeckel in amerikanischen Filmen, das Schriftbild des Wortes Jazz sowie die Bezeichnung Tiger Rag symbolisierten die Kastrationsdrohung und die Sehnsucht nach Zerfetzung des menschlichen Körpers (Adorno 1937, 102); die Art, in der Jazzsängerinnen lächeln, wenn sie den Rock heben, symbolisiere dagegen die der sexuellen Verstümmelung des Mannes korrespondierende erotische Preisgabe der Frau im Jazz (Adorno 1937, 103). Vor dem Hintergrund einer derart unkontrollierten Theoriebildung sollten auch Adornos einschlägige Kritiken an dem positivistischen Just the facts! wie auch an der "Halbbildung" anders als bisher gelesen werden: nämlich als bloße Selbstimmunisierungsstrategien gegenüber einer das eigene Verfahren betreffenden Methodenkritik.
16 Diese Pointe ist zudem sachlich falsch. Der Jazz ist, wie von einem Phänomen der Popmusik auch nicht anders zu erwarten, in seinen Ursprüngen hybrid und kann nicht monokausal auf die Musik der Sklavenplantagen zurückgeführt werden. Zur Hybridität des "Ur-Jazz" vgl. den äußerst instruktiven Eintrag zur Geschichte des Jazz im Dictionary of American Slang von Harold Wentworth und Stuart B. Flexner: "This is the music first played by small Creole and Negro groups in and around New Orleans in the decades before 1900. Its rhythms were based in part on African songs, field chants used by slaves, work chants of railroad laborers and prisoners, and the Spanish and French music known to the Creoles of the region. It was first played on battered, secondhand instruments discarded by marching and military bands. The musicians were often self-taught, though some were trained in traditional methods" (Wentworth/Flexner 1975, 286).
17 Eine unterirdische zivilisationskritische Verbindung zwischen Kritischer Theorie und Punk entdeckt zu haben (Eingang F), ist das bleibende Verdienst von Greil Marcus: "Wahrscheinlich kann man keine Definition von Punk so weit fassen, daß sie Theodor W. Adorno mit einschließt. Als Musikfreund war ihm Jazz zuwider, als er zum erstenmal Elvis Presley hörte, mußte er sich bestimmt übergeben, und die Sex Pistols hätte er zweifellos als Rückkehr der Kristallnacht verstanden, wäre er nicht glücklicherweise 1969 gestorben. Doch in Minima Moralia taucht der Punk alle paar Zeilen auf: Seine ansteckende Abscheu vor dem, was die westliche Zivilisation gegen Ende des Zweiten Weltkriegs aus sich gemacht hatte, war 1977 Thema Hunderter von Songs und Parolen. [...] Minima Moralia wurde als eine Reihe von Sentenzen, von Reflexionen verfaßt, jeder einzelne monolithische Absatz marschierte unaufhaltsam in Richtung Zerstörung jeder Spur von Hoffnung, die er enthalten mochte, jedem Absatz war ein ohnmächtiger Fluch vorangestellt, blanke Ironie, jeder einzelne (beliebig ausgewählte) ein guter Titel für eine Punk-Single: "Bangemachen gilt nicht", "Schwarze Post", "Lämmergeier", "They, the people". Nach 1977 hätte man ein Sprech-Brüll-Album mit dem Titel Big Ted Says No veröffentlichen können, was popmäßig betrachtet durchaus in sich schlüssig gewesen wäre, und wenn man so will, geschah dies auch: Man höre sich Metal Box von PIL, Johnny Rottens Band nach den Sex Pistols, an, lese dabei Minima Moralia und versuche herauszufinden, wo das eine aufhört und das andere anfängt." (Marcus 1993, 76f.)

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